Das »Eigene« und das »Fremde« - ein (scheinbarer?) Gegensatz als (beliebter) literarischer Topos. Im Bild des - geographisch, zeitlich, sozial etc.- »Anderen« offenbaren sich Ängste, aber auch Wünsche und Hoffnungen. Das »Andere« kann zur Projektion eigener Unzuläglichkeit und geheimgehaltener, auch verdrängter Wünsche werden, aber auch zur Projektion utopischen Denkens. In der Ambivalenz zwischen der Tradierung von Stereotypen (nicht selten von Vorurteilen) und dem Bemühen um die intellektuelle Erfassung fremder Lebenswelten, aber auch in der Ambivalenz zwischen der Sehnsucht nach einer Gegen-Welt und der konkreten Auseinandersetzung mit der historischen Tradition, Sprache, Kultur und Lebensform des »Anderen« bewegt sich die Konstruktion literarischer Bilder. Diese Konstruktion ist auch ein Akt der Selbstreflexion: im Bild, das man sich vom »Anderen« macht, ist man selbst mit-enthalten. Das literarische Bild des »Anderen« ist zugleich Selbst Interpretation, es sagt oft mehr über den Interpreten, als über den Gegen stand der Interpretation aus. Das »Andere« wird zum Objekt, zum »image«, das aus der Perspektive des Betrachters, der zugleich Gestalter ist, gedeutet vird, aber auch zum Spiegel des Beobachter-lnterpreten, der darin - je nach Standort (und im Extremfall) - die Fratze seines Vorurteils oder das Ideal seiner utopischen Sehnsucht sehen kann (oder zu finden vermeint).
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