ZusammenfassungDie Covid-19 Pandemie stellt das öffentliche, private und berufliche
Leben vor große Herausforderungen. Das ethnografische Forschungsprojekt
CoronaCare untersucht das alltägliche Leben von Menschen während
der Covid-19 Pandemie in Deutschland mit Fokus auf die soziale Gesundheit und
Sorgebeziehungen. Ziel war es, aus den Ergebnissen Empfehlungen für
künftige Pandemieplanungen zu entwickeln, um deren Fokus um soziale
Gesundheit zu erweitern. Gemeinsam mit Akteur*innen aus den Bereichen
Wissenschaft, Gesundheits- und Sozialverwaltung auf lokaler und
Länderebene, aus Pflegeeinrichtungen sowie Sozialverbänden
wurden auf Basis empirisch begründeter Fallvignetten im Rahmen von drei
Workshops zwischen Juni und November 2021 Handlungsempfehlungen für die
Pandemieplanung formuliert, welche die Spannungsverhältnisse
adressieren, denen Pflegekräfte während der Pandemie ausgesetzt
sind. Die herausgearbeiteten Spannungsverhältnisse betreffen sowohl den
Berufs- und Arbeitsethos als auch das private und berufliche Handeln der
Arbeitskräfte und verweisen darauf, dass es sich bei Pandemieplanung um
ein sogenanntes wicked problem handelt, bei dem es nur relationale, aber keine
eindeutigen Lösungen geben kann. Daraus ergeben sich folgende
Handlungsempfehlungen: 1. das grundsätzliche Spannungsverhältnis
zwischen dem menschlichen Bedürfnis zu sorgen und zu versorgen und den
Eindämmungsmaßnahmen der Pandemieplanung benennen und
anerkennen; 2. die Pandemie lokal verstehen und gestalten; 3. eine enge
Zusammenarbeit auf kommunaler Ebene zwischen Gesundheits-, Sozial-,
Familienpolitik und Verwaltung gestalten; und 4. individuelle
Gestaltungsfreiräume schaffen, um ethische Reflexionen des pflegerischen
Handelns zu eröffnen. Für eine Pandemieplanung verstanden als
wicked problem bedeutet das, dass Maßnahmen als Empfehlungen, nicht als
festgelegte Regeln, ausgesprochen werden sollten, um Handlungsspielräume
für eine am Individuum angepasste gute Versorgung zu
ermöglichen. Politisch sollten diese flankiert werden mit eindeutig
formulierten, stabilen Handlungsanleitungen
(„Handlungsplanken“). Unterstützt sollten diese durch
regelmäßige Schulungen von Mitarbeiter*innen, um
Prinzipien von Schutzmaßnahmen und Ziele der Pandemieplanung zu
verstehen und damit Handlungsspielräume und eigene
Abwägungsprozesse zu ermöglichen. Die entwickelten
Workshop-Formate können als Form des multidimensionalen Wissenstransfers
in einer gesellschaftlich herausfordernden Situation Berücksichtigung
finden.
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