Zusammenfassung:Insbesondere männliche heranwachsende mit türkischem Migrationshintergrund sind in hinblick auf die Bildungschancen in Deutschland benachteiligt, wie viele Studien verdeutlicht haben. Dabei stellen die geringeren Bildungserfolge von kindern aus Migrantenfamilien weder einfache Effekte schichtspezifischer Kapitalausstattung noch eines Mangels an Bildungsaspirationen dar. um noch ungeklärten Mechanismen der intergenerationalen transmission von Bildungschancen nachzuspüren, wurden in einem intergenerational ausgerichteten qualitativrekonstruktiven Design wechselwirkungen zwischen Bildungserfolgen und -misserfolgen junger Männer mit türkischem Migrationshintergrund einerseits sowie adoleszenten Ablösungsprozessen und Familienbeziehungen andererseits rekonstruiert. Dabei zeigten sich die hohe Bedeutsamkeit der elterlichen Verarbeitung der Migrationserfahrung im kontext von Diskriminierung und Benachteiligung, ihre Auswirkungen auf die eltern-kind-Beziehungen vor allem in der Adoleszenz sowie die Folgen der intergenerationalen Dynamik für die Gestaltung, Verarbeitung und Auswirkung unterschiedlicher Arten von Bildungsaspirationen sowie für Bildungskarrieren.Schlüsselwörter: Bildungschancen · Adoleszenz · Migration · Bildungsaspirationen · Intergenerationale weitergabe Z erziehungswiss (2011) 14:581-601 Abstract: Many studies have shown that young males of turkish descent are disadvantaged in terms of educational opportunity in Germany. In this, the lower educational successes of children from migrant families are neither simple effects of lower levels of social capital nor of lower educational aspiration. with the aim of tracing unexplained mechanisms of the intergenerational transmission of educational chances, the interdependency of educational success or failure of young men of turkish descent and adolescent processes of detachment and family relations were reconstructed using an intergenerational research design. this shows the major importance of parents' processing of their immigration experiences in the context of discrimination and disadvantage, the effects of this on the parent-child-relationship, especially in adolescence, and the impact of intergenerational dynamics on the realization, processing and effects of differing educational aspirations and careers.
No abstract
Das Aufwachsen in einer von Armut betroffenen Familie erhöht das Risiko der Kindergeneration, später selbst arm zu sein. Wir stellen die Frage, wie familiale Lebenslagen und Beziehungen sowie an sie gekoppelte Orientierungsmuster eine intergenerationale Weitergabe von Armut befördern oder helfen, diese zu durchbrechen. Dabei wollen wir zum Forschungsstand in zweierlei Weise beitragen: Zum einen reagieren wir auf die mit dem Untersuchungsgegenstand verbundenen spezifischen methodischen Anforderungen und formulieren unser konkretes Vorgehen beim ‚Inbezugsetzen‘ von Interviews mit Angehörigen unterschiedlicher Generationen aus. Zum anderen fokussieren wir nicht nur den Gleichklang und damit die Weitergabe bestimmter Orientierungsmuster, sondern auch Mechanismen der Abgrenzung. Anhand einer fallexemplarischen Analyse zeigen wir, auf welche Weise wir die mit der Eltern- und Kindergeneration geführten narrativen Interviews methodisch aufeinander beziehen und dabei sowohl die einzelnen Biographien als auch die intergenerationalen Beziehungen in den Blick nehmen. Durch den permanenten Vergleich der Wahrnehmungs-, Deutungs- und Handlungsmuster zentraler Erlebnisse und Themen der Lebensgeschichten von Mutter und Tochter einerseits und die Berücksichtigung weiterer Beziehungsnetze sowie sozialräumlicher und institutioneller Rahmungen gelingt es, explizit auch Differenzen zwischen den Generationen und konstruierte Gegenwelten aufzuzeigen, die als Abgrenzungsfolie eine wichtige Funktion übernehmen.
ZusammenfassungPersonen mit Migrationshintergrund sind in Deutschland einem stark überdurchschnittlichen Armutsrisiko ausgesetzt. Die häufig diskutierten Ursachen können die Differenz zum Armutsrisiko in der autochthonen Bevölkerung nicht hinreichend erklären. Insbesondere Prozesse der Armutstransmission von Generation zu Generation sind bislang wenig transparent, vor allem im Hinblick auf mögliche Besonderheiten der Migrationserfahrungen im Generationenverbund. Der Beitrag untersucht, wie familiale Lebenslagen und Beziehungen sowie an sie gekoppelte Orientierungsmuster zu einer intergenerationalen Weitergabe von Armut beitragen und welchen Einfluss der Migrationshintergrund darauf ausübt. Dies wird exemplarisch anhand der Rekonstruktion des Falles zweier Angehöriger einer Familie mit türkischem Migrationshintergrund aus zwei Generationen herausgearbeitet, der um Ergebnisse aus dem Gesamtsample der Studie ergänzt wird. Es kann gezeigt werden, dass die Benachteiligungserfahrungen aus der Armuts- und Migrationssituation je für sich beschränkend wirken und sich zugleich potenzieren. Dies erschwert die Entwicklung jener alternativen Handlungsmuster, die nötig sind, um der Armutssituation zu entkommen. Als besonders relevant für die Weitergabe von Armut im Generationenverlauf erweisen sich der Umgang der Eltern mit der Migrationsentscheidung und ihre eigenen Migrationserfahrungen.
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