ZusammenfassungDer Beitrag untersucht am Beispiel des Engagements für Geflüchtete Stärken, Herausforderungen und Probleme freiwilligen Engagements und arbeitet zugleich die Spezifika dieser Form der Hilfe und Solidarität heraus. Die Analyse rekurriert auf eine qualitative Erhebung, die problemzentrierte Interviews mit Engagierten und Leitfadeninterviews mit Expert*innen sowie eine Dokumentenanalyse von politischen, medialen, zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen Quellen für den Zeitraum von 2011 bis 2018 umfasst. Im Zentrum der Analyse stehen (1) der mediale und gesellschaftliche Außenblick auf die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe, (2) multiple Grenzziehungen, -überschreitungen und -erfahrungen im Engagement sowie (3) die Bewältigung von Problemen und Herausforderungen seitens der Engagierten – durch den Ausstieg aus dem Engagement, die Kritik an Engagementbedingungen, die Verheimlichung des Engagements oder die Politisierung der Rolle freiwilliger Hilfe im Strukturwandel des Wohlfahrtsstaats.
Die alten und neuen Bundesländer unterscheiden sich auch 30 Jahre nach der Systemtransformation in Bezug auf die Verbreitung und Institutionalisierung von Engagement deutlich. Während der Westen über eine kulturell verankerte Engagementtradition verfügt, steht das Engagement im Osten im Ruf, (diskursiv umkämpftes) Neuland zu sein. Der Beitrag argumentiert auf Basis empirischer Forschungsbefunde, dass der Osten auch historisch keinesfalls eine Engagementwüste darstellt, dass sich aber gleichwohl Spezifika des Engagements im Osten zeigen, die im Zusammenhang mit den Folgen der innerdeutschen Spaltung, der Systemtransformation und ihren Folgen zu sehen sind. Diese Folgeerscheinungen müssen zudem im Kontext steigender Erwerbsbeteiligung, des demografischen Wandels und eines Generationenwechsels neu konturiert werden, der Freiwilligenarbeit und Engagement in Ost wie West vor ganz neue Herausforderungen stellt.
Der Beitrag untersucht das Zusammenspiel von strukturellen Rahmenbedingungen freiwilligen Engagements und den subjektiven Deutungsmustern und Handlungsressourcen der Engagierten. Konkret geht es darum, in diesem Spannungsfeld die Bedingungen zu untersuchen, unter denen soziale und kulturelle Dienstleistungen in die Sphäre von Engagement und freiwilliger Arbeit verlagert werden können. Dazu legen die Autorinnen zunächst empirische Beispiele für die Indienstnahme von Engagement in der sozialen Daseinsvorsorge, Infrastruktur und Bildung dar, um sodann die Perspektiven der Engagierten auf diese Praxis sowie ihre Handlungsmuster zu analysieren. Dabei wird erkennbar, dass und warum sich viele Engagierte – auch solche, die eine politische Indienstnahme von Freiwilligenarbeit problematisieren – persönlich nicht instrumentalisiert fühlen. Insgesamt offenbart die Untersuchung ein Spannungsverhältnis zwischen subjektiven Erfahrungen im alltäglichen Engagements und den arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Implikationen des Engagements auf der gesellschaftlichen Ebene ; ein Spannungsverhältnis, das – so die These – wesentlich zur Instrumentalisierbarkeit von Freiwilligenarbeit als Ressource beiträgt.
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