Zusammenfassung
Einleitung In den letzten Jahren haben sich zunehmend ERAS-Behandlungspfade in vielen chirurgischen Bereichen etabliert, da sie allgemeine Komplikationen reduzieren und die Genesung
von Patienten erheblich beschleunigen können. Für die Thoraxchirurgie wurden 2019 erstmals ERAS-Guidelines von der ERAS Society in Zusammenarbeit mit der European Society of Thoracic
Surgeons (ESTS) veröffentlicht. Inwieweit sich ERAS-Maßnahmen im klinischen Alltag in der Thoraxchirurgie in Deutschland etabliert haben, wurde anhand eines Online-Fragebogens evaluiert.
Material und Methoden Es wurde eine Onlineumfrage zur aktuellen ERAS-Implementierung an deutschen Kliniken durchgeführt. Zeitraum der Umfrage war vom 12.05.2021 bis zum 01.06.2021.
Im Fragebogen, der 22 Fragen umfasste, wurde die aktuelle Umsetzung verschiedener perioperativer Maßnahmen (u. a. Mobilisation, Thoraxdrainagen-Management, Schmerzmanagement) als wesentliche
Items des ERAS-Pathways erfragt. Anschließend wurden die Resultate zusammengefasst, beschreibend analysiert und in den Kontext der aktuellen Literatur gesetzt.
Ergebnisse Von 155 angeschriebenen leitenden Thoraxchirurgen beantworteten 32 den Fragebogen. Bei 28,1% (n = 9) der Kliniken war ein ERAS-Kernteam etabliert, eine Datenbank zur
Erfassung der ERAS-Items gab es in 15,6% (n = 5). Zudem bekamen die Patienten meist kein ERAS-Tagebuch (96,9%, n = 31) ausgehändigt. Ein präoperatives Carboloading wurde von 15,6% (n = 5)
durchgeführt. Eine PONV-Prophylaxe wurde bei 59,4% (n = 19) der Befragten standardmäßig durchgeführt. In der Regel wurde bei elektiven anatomischen Resektionen eine Thoraxdrainage (84,4%,
n = 27) eingelegt. Bei 3% (n = 1) der Zentren wurden 2 Drainagen eingelegt, bei 12,5% (n = 4) wurde keine Drainage intraoperativ eingebracht. Meist wurden digitale Drainagesysteme verwendet
(90,6%, n = 29). Der am häufigsten angewendete initiale Drainagensog war –10 cm H2O (75%, n = 24). Einen Sog von ≤ 2 cmH2O verwendeten lediglich 2 Befragte. Die
Drainageentfernung erfolgte in 50% (n = 16) der Fälle am 1. oder 2. postoperativen Tag (POD), in 34,4% (n = 11) am 3. und 4. POD und bei 9,4% (n = 3) verblieb die Drainage über den 4. Tag
hinaus. Bei 71,9% (n = 23) der Befragten erfolgte die erste Mobilisation postoperativ noch am OP-Tag.
Diskussion Die Implementierung der ERAS-Guidelines ist in Deutschland interindividuell noch sehr variabel. Bestimmte perioperative Prozesse werden bereits gut abgedeckt, allerdings
ist eine vollständige Umsetzung von ERAS-Items noch nicht gänzlich in der klinischen Praxis angekommen. Erste Schritte in diese Richtung wurden bereits gemacht und legen die Grundlage für
eine weitere zentrumsübergreifende Zusammenarbeit.