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Die Wirklichkeit visueller Modelle »Nur wenige Ausdrücke«, so konstatierte bereits Nelson Goodman, »werden im populären und wissenschaftlichen Diskurs undifferenzierter gebraucht als ›Mo-dell‹. Ein Modell ist etwas, das man bewundert oder dem man nacheifert, ein Muster, ein passender Fall, ein Typ, ein Prototyp, ein Exemplar, ein Modell in Originalgröße, eine mathematische Beschreibung-nahezu alles von einer nackten Blondine bis zu einer quadratischen Gleichung.« 1 Es hat den Anschein, als solle Nelson Goodman mit seiner kritischen Bemerkung Recht behalten. Denn tatsächlich ist der Umfang des Begriffs ›Modell‹ erstaunlich weit: Wir sprechen gleichermaßen vom Atommodell wie vom Aktmodell, vom Gesellschaftsmodell und vom Flugzeugmodell-doch meinen wir jeweils sehr unterschiedliche Dinge. Gegen solche Unübersichtlichkeit hilft ein Blick auf die Herkunft der heutigen Begriffsverwendung. Der lateinische Ausdruck modulus, auf den unser Begriff ›Modell‹ zurückgeht, ist die Verkleinerungsform von modus, dem Maß. Die Rede von einem modulus diente schon in der Antike nicht allein als Bezeichnung für die ideale Proportion eines Gebäudes; zugleich konnte mit dem modulus der Anspruch erhoben werden, ein umfassendes, ja sogar ein universales Maß zu bezeichnen. Die Symmetrien und Verhältnisse dieses Maßes sollten sowohl für den Kosmos im Großen wie auch im Kleinen, das heißt den Menschen, gelten. Eine praktische Verwendung fand dieses universale Maß daher nicht allein in der anschaulichen, verkleinerten Darstellung eines geplanten Bauvorhabens, sondern überall da, wo ein proportional verkleinerter oder vergrößerter Nachbau als Abbild oder Vorbild eines originalen Gegenstands dienen konnte. Unsere heutigen so vielschichtigen Verwendungsweisen des Begriffs ›Modell‹ bewahren diese alte, aus antiker Zeit geerbte Vorstellung eines idealen Maßes. Wenn wir von Modellorganismen, von Rollenmodellen oder modellhaften Handlungen sprechen, so meinen wir hierbei idealisierte Prototypen oder mustergültige Beispiele, die nicht allein als ein Vorbild oder ein Abbild für etwas anderes dienen, sondern in denen sich vielmehr ein Maß widerspiegelt, das eine sehr viel weiter reichende, ja sogar eine allgemeine Geltung beanspruchen soll und kann. Die konkrete Form mathematischer oder naturwissenschaftlicher Modelle etwa ist einzig ein Mittel, um allgemeingültige Verhältnisse, Beziehungen oder Strukturen-kurz: um Gesetze greifbar und begreifbar zu machen, die für einen ganzen Anwendungsbereich als bindend gelten. Solche Modelle geben Regeln vor, an denen sich die Vielfalt der Einzelphänomene ausrichten, messen und nicht zuletzt definieren lässt.
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