Zusammenfassung Ziel der Studie Die Kontrolle der Adhärenz gehört unabdingbar zur Therapie drogenabhängiger Patient:innen. Die dazu meistgenutzte Matrix ist der Urin, bei deren Gewinnung bis vor kurzem die Sichtkontrolle beim Urinieren oder bei der Einnahme einer Urinmarkersubstanz notwendig war, um mögliche Manipulationen aufzudecken. In den letzten Jahren wurde ein telemedizinisches Verfahren entwickelt (Ruma Digital-System (Pro), Ruma GmbH, Deutschland), bei dem der/die Patient:in während einer zweiminütigen Smartphone-Videoaufzeichnung mit offline-Kontrolle eine Urinmarker-Substanz schluckt (Polyethylenglykole) und die nachfolgende Urinprobe selbstständig an das zuständige Labor verschickt. In der vorliegenden Beobachtungsstudie wurde überprüft, ob es eine Patientengruppe mit bestimmten Merkmalen ist, die das telemetrische Verfahren akzeptiert, inwieweit das Ruma Digital-System (Pro) für Interessierte auch nach mehrmaliger Nutzung als Kontrolle der Beigebrauchsfreiheit vorstellbar ist und welche Vor- und Nachteile aus dem telemetrischen Verfahren hervorgehen. Methodik Die Gruppenzuordnung der Patient:innen erfolgte auf freiwilliger Basis. Insgesamt 133 Patient:innen (48 Frauen, 85 Männer) nahmen in einer Kontroll- (KG, n=65) und einer Interventionsgruppe (IG, n=68) teil. IG verwendete das Ruma Digital-System (Pro), bei KG wurden die Urinproben unter Sichtkontrolle genommen. Unmittelbar nach der ersten (TK1) und nach der 5. Urinkontrolle (8 bis 12 Wochen, TK5) wurde der psycho-sozial orientierte Fragebogen PARADISE 24 eingesetzt, in der Interventionsgruppe wurden zusätzlich Fragen zum Umgang und der Zufriedenheit mit dem Ruma-Digital-System (Pro) gestellt. Die Antworten dieser Fragen wurden in Quartilen der PARADISE 24 Ergebnisse zum Zeitpunkt TK5 differenziert. Ergebnisse Die Patient:innen, die sich für das Ruma Digital-System (Pro) entschieden, waren überwiegend jünger, männlich und hatten geringere psycho-soziale Schwierigkeiten. Im beobachteten Zeitraum verstärkte sich die Akzeptanz für das telemedizinische Verfahren. In dieser Gruppe kam es zu folgenden Veränderungen: Die überwiegende Mehrheit der Patient:innen hatte ein verringertes Schamgefühl bei der Urinkontrolle, konnte ihren Alltag besser bewältigen und würde das Verfahren weiterempfehlen. Bei ca. zwei Drittel der Patient:innen kam es zu einer Zeitersparnis infolge des Wegfalls von Anreise- und Wartezeiten für die Kontrolle. Schlussfolgerung Das telemedizinische Verfahren stärkt die Selbstwirksamkeit derjenigen Patient:innen, die das System akzeptieren. Es ist psychologisch gegenüber der Sichtkontrolle weniger belastend und kann auch im Falle einer pandemischen Lage für die Kontrolle der Therapietreue uneingeschränkt genutzt werden.
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