Kohlenhydrate gehören neben Proteinen und Fetten zu den Hauptnährstoffen in Lebensmitteln und spielen eine große Rolle in der menschlichen Ernährung. Hohe Gehalte kommen sowohl in pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Obst und Gemüse als auch in tierischen Produkten wie Milch und Milchprodukten vor. Kohlenhydrate können als Monomere sowie vielfältig zu Oligomeren und Polymeren verknüpft in Lebensmitteln enthalten sein. Neben natürlich vorkommenden Kohlenhydraten werden einzelne Substanzen der Stoffklasse auch während der Lebensmittelproduktion beispielsweise als Gelbildner oder zum Süßen der Produkte zugesetzt. Ernährungsphysiologisch spielen sie als Energielieferant (z.B. Stärke) sowie als Ballaststoffe eine wichtige Rolle. Nicht-Stärke Polysaccharide werden durch den Verzehr pflanzlicher Lebensmittel zwar aufgenommen, aber im menschlichen Dünndarm nicht gespalten. Die Aufnahme dieser sogenannten Ballaststoffe wird häufig mit gesundheitsfördernden Eigenschaften wie beispielsweise der Regulation des Blutzuckerspiegels korreliert. Der übermäßige Konsum von Mono-und Disacchariden steht mit einigen negativen metabolischen Effekten und Krankheiten wie Übergewicht, Diabetes oder Karies in Verbindung. Der Verzehr einzelner Kohlenhydrate kann zudem bei Patienten mit Störungen im Enzymhaushalt der Kohlenhydratverdauung zu unterschiedlich schweren Krankheitsbildern führen. Eine weltweit häufig verbreitete Stoffwechselstörung von Kohlenhydraten stellt z.B. die Lactoseintoleranz dar. Die strukturelle Diversität von Kohlenhydraten erschwert ihre analytische Differenzierung und Quantifizierung. Aufgrund der großen ernährungsphysiologischen Relevanz sind die quantitative Bestimmung des Gesamtkohlenhydratgehalts sowie die Bestimmung einzelner Verbindungen von großem Interesse. Da der übermäßige Verzehr bestimmter Kohlenhydrate ein Gesundheitsrisiko für einzelne Bevölkerungsgruppen darstellen kann, werden vermehrt Methoden eingesetzt, die eine möglichst große Anzahl an Kohlenhydraten gleichzeitig sowie spezifisch quantifizieren können. Zum Screening werden bevorzugt Methoden mit einer geringen Analysendauer und einer einfachen Probenaufarbeitung eingesetzt. Da zurzeit erst wenige Analysenmethoden diese Voraussetzungen erfüllen, beschäftigt sich diese Arbeit mit der Erweiterung des möglichen Methodenspektrums um Anwendungen der ein-und zweidimensionalen Kernspinresonanz (Nuclear Magnetic Resonance, NMR)-Spektroskopie. Protonen-NMR-spektroskopische Methoden zeichnen sich durch kurze Messzeiten von nur wenigen Minuten aus und sind in der Lage Analyten spezifisch zu quantifizieren. Der limitierende Faktor zur Anwendung dieser Methode ist ihre geringe Auflösung, da bei der Analyse von Gemischen viele Signale überlagert vorliegen. Hier können zweidimensionale (2D) NMR-Experimente aufgrund ihrer verbesserten Auflösung eine Alternative bieten. Die deutlich längeren Messzeiten von 2D-NMR-Experimenten können über verschiedene Ansätze zur Messzeitbeschleunigung reduziert werden. Einleitung 2 1.1 Lebensmittelrelevante Kohlenhydrate Kohle...
Milch und Milcherzeugnisse stellen einen wichtigen Baustein in der westlichen Ernährung dar. Im Jahr 2018 wurden alleine in Deutschland 51 kg Konsummilch pro Kopf verzehrt. Der analytische Nachweis der Milchinhaltsstoffe steht unter anderem im Fokus des vorsorgenden Verbraucherschutzes. Hier spielt die Bestimmung von Lactose aufgrund der weit verbreiteten Lactoseintoleranz von bis zu 40 % in der westeuropäischen Bevölkerung eine wesentliche Rolle. Als standardisierte §64-Methoden sind für den Nachweis von Mono-und Disacchariden in Milch und Milchprodukten enzymatische Verfahren mit vorangehender Carrez-Klärung festgelegt, die sich durch eine hohe Präzision und Richtigkeit, aber auch durch einen hohen Zeitaufwand in der Bearbeitung kennzeichnen. Die vorgestellten Daten zeigen einen Vergleich zwischen den enzymatischen Methoden mit Hochleistungsanionenaustauschchromatographie mit gepulst amperometrischer Detektion (HPAEC-PAD), sowie mit zwei Methoden der Kernresonanzspektroskopie (NMR). Bei den NMR-Methoden wird zwischen einem eindimensionalen Protonenexperiment ( 1 H-Experiment) und einem zweidimensionalen Heteronuclear Single Quantum Coherence (HSQC)-Experiment verglichen. Die Protein-und Fettfraktionen der Milch und Milchprodukte werden über eine Carrez-Klärung abgetrennt. Als alternative Aufarbeitungsmethode zur Carrez-Klärung wurde eine Proteinfällung mit 80 % Ethanol mit anschließender Fettextraktion durch Hexan getestet. Diese zeigt in Wiederfindungsversuchen aller Methoden Verluste der Analyten von bis zu 50 %, weshalb die Carrez-Klärung als geeignetere Methode beibehalten wird. Eine statistische Auswertung der Quantifizierung von Lactose in Carrez-geklärter handelsüblicher Vollmilch durch die vier beschriebenen Methoden zeigt keine statistische Signifikanz zwischen Enzymatik, HPAEC-PAD und 1 H-NMR. Lediglich die Ergebnisse der HSQC-Experimente weichen signifikant um durchschnittlich 10 % von den anderen Gehalten ab. Hier ist weitere Optimierung bezüglich Aufnahme-und Auswerteparameter notwendig. Die Richtigkeit wurde über interne Wiederfindungsversuche bestimmt, die für die enzymatische Bestimmung, als auch für HPAEC-PAD und 1 H-Experimente Wiederfindungen von 100 -102 % liefern. Mit den durchgeführten HSQC-Messungen werden lediglich Wiederfindungen von 91 % nachgewiesen. Die Anwendbarkeit der Methoden wurde auf die Quantifizierung von Lactose in fettarmer Milch und teilweise in Buttermilch und saurer Sahne erweitert. Zudem erfolgte ein Methodenvergleich für die Quantifizierung von Glucose und Galactose in lactosefreier Milch. Die durchgeführte Studie zeigt, dass HPAEC-PAD und zum Teil NMR-Methoden geeignete Alternativmethoden zur enzymatischen Bestimmung von Mono-und Disacchariden in Milch und Milchprodukten darstellen. Eine Beschleunigung der Analysendauer und eine bessere Automatisierbarkeit der Methoden stellen wichtige Vorteile zur enzymatischen Bestimmung dar.
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