Zusammenfassung
Ziel der Studie Der Zugang zur gesundheitlichen Versorgung für
Geflüchtete wird bundesweit in den Kommunen unterschiedlich organisiert,
sowohl im Hinblick auf die Organisation von (sozialarbeiterischen bzw.
kommunalen) Unterstützungsangeboten als auch durch die Wahl des
Zugangsmodells (elektronische Gesundheitskarte/eGK-Modell oder
Behandlungsschein/BHS-Modell). In den letzten Jahren haben einige
Bundesländer und Kommunen die Versorgung geflüchteter
Patient(inn)en auf das Zugangsmodell mit eGK umgestellt. Wir analysieren auf
Grundlage von Daten aus Nordrhein-Westfalen, wie sich der Zugang zur
gesundheitlichen Versorgung aus Sicht Geflüchteter gestaltet und welche
Rolle das Versorgungsmodell (eGK vs. BHS) dabei spielt.
Methodik In 3 Kommunen in NRW (2 mit BHS und eine mit eGK) wurden
insgesamt 31 Interviews mit Geflüchteten zu 2 Erhebungszeitpunkten
(Aufenthalt in Deutschland ≤ 15 und > 15 Monate)
geführt, um den unterschiedlichen Anspruch auf Versorgungsleistungen zu
berücksichtigen. Dabei sollte eine maximale Variation der
Interviewpartner(inn)en in Bezug auf Alter, Geschlecht, chronische Krankheiten,
Schwangerschaft und Elternschaft erreicht werden. Die Interviews wurden mit
Unterstützung von Dolmetscher(inne)n geführt. Die Transkripte
der Interviews wurden computergestützt (atlas.ti8) durch eine
Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse Der Genehmigungsprozess durch das Sozialamt führt in
Kommunen mit BHS-Modell zu zusätzlicher Wartezeit für (Weiter-)
Behandlungen. Der direktere Zugang durch das eGK-Modell sowie der Wegfall der
Leistungseinschränkungen nach 15 Monaten Aufenthalt können den
Zugang zur Versorgung besonders für chronisch erkrankte
Geflüchtete erleichtern. Der Erstkontakt mit dem Gesundheitssystem
erfolgt meist mit Unterstützung von Sozialarbeiter(inne)n, Freund(inn)en
oder Familienmitgliedern.
Schlussfolgerung Für Geflüchtete mit einem
höheren Versorgungsbedarf kann der Zugang durch das eGK-Modell
erleichtert werden. Weitere Zugangsbarrieren, wie z. B. die
beschränkte Verfügbarkeit von Dolmetscher(inne)n, bestehen
unabhängig vom Zugangsmodell.