Ausgehend von der Forschungsfrage „Wie wird im Lebensmittelhandel mit und an Verpackungen gearbeitet?“ erörtert die kumulative Dissertation „Schwierigkeiten und Potentiale der Verpackungsvermeidung – Eine Arbeitsethnographie im Lebensmittel-handel“ Handlungsspielräume für einen nachhaltigeren Umgang mit Verpackungen. In einer ethnographischen Analyse unterschiedlicher Arbeitssettings, werden die Herausforderungen in den alltäglichen Arbeitspraktiken des dominanten verpackungsbasierten Lebensmittelsystems genauso betrachtet wie die Schwierigkeiten der radikalen Transformation dieser Praktiken. Ich argumentiere, dass Verpackungen kein passives Objekt sind, vielmehr sind sie durch ihre Materialeigenschaften und Bedeutungen sowohl an der Stabilität des Arbeitsalltags als auch an der Dynamik von Transformationsprozessen entscheidend beteiligt. Artikel I (Plastic Packaging, Food Supply, and Everyday Life. Adopting a Social Practice Perspective in Social-Ecological Research) behandelt die Potentiale eines praxistheoretischen Forschungszugangs für die Erforschung von Plastikverpackungen im Speziellen und sozial-ökologischen Problemen im Allgemeinen. Anhand von konkreten Forschungsbeispielen erörtern wir im Artikel zwei mögliche praxistheoretische Zugänge zur Beziehung von Praktiken und materiellen Entitäten, die eine sozial-ökologische Systemperspektive je nach Fragestellung sinnvoll ersetzen können. Im Netzwerk-Ansatz konzipieren wir Materialität als Element in heterogeneren Netzwerken aus Praktiken um die Diversität im alltäglichen Umgang mit Infrastrukturen, Technologien und Dingen erforschbar zu machen. Mit dem Nexus-Ansatz fokussieren wir auf die Wechselwirkungen zwischen Alltagspraktiken und ihrer räumlich-materiellen Umgebung um die infrastrukturelle Rolle von Verpackungen zu ergründen. Artikel II (Making Food Manageable - Packaging as a Code of Practice for Work Practices at the Supermarket) greift den im Artikel I diskutierten Netzwerk-Ansatz auf und befasst sich empirisch mit der Frage „Wie wird im Lebensmittelhandel mit Verpackungen gearbeitet?“. Der Artikel erläutert die Schwierigkeit der Verpackungsvermeidung anhand einer ethnographisch/praxis-theoretischen Analyse und präsentiert zentrale Funktionen von Verpackungen im Supermarkt. An konkreten empirischen Beispielen in zentraler Arbeitsbereiche wie Produktpräsentation, Warenlogistik und Ladenrepräsentation zeige ich die Vielfältigkeit von Verpackungsfunktionen jenseits von Marketing oder technischer Schutzfunktionen. Das beinhaltet die Platzierung und Aufbereitung der Produkte im Regal, die Evaluation von Produktqualitäten und Quantitäten von Warenströmen sowie die Repräsentation zentraler Qualitäten eines guten Supermarktes. Praktische Verpackungsvermeidung erfordert eine Reflektion solcher Verpackungsfunktionen. Artikel III (Negotiating attachments to plastic) behandelt die Frage „Wie wird im Lebensmittelhandel an Verpackungen gearbeitet?“ durch die trans-sequentielle Analyse eines Innovationsprozesses zur Plastikvermeidung in einem deutschen Bio-Großhandel. Im Artikel diskutiere ich die Schwierigkeit grundlegender Innovationen der Verpackungs-vermeidung durch die Erläuterung ganz praktischer Veränderungsbarrieren und Widerstände der Veränderung von normalisierten Objektbeziehungen und Nutzungs-praktiken. In der Analyse der dynamischen Beziehungen (Attachments) von Arbeiter*innen und Plastikfolie (bzw. ihrer Substitute) zeige ich, dass „etwas loswerden" ein unzureichender Ansatz ist, wenn es darum geht, nicht-nachhaltige Plastiknutzungen zu transformieren. Verpackungsvermeidung gelingt eben nicht durch ein „Befreien“ menschlicher Handlungsmacht von nicht nachhaltigen Objektabhängigkeiten, vielmehr geht es darum, das Zusammenspiel von Verpackungen und Arbeiter*innen in konkreten Praktiken neu zu gestalten. Artikel IV (How to Apply Precycling: Unpacking the Versatility of Packaging in Networks of Food Supply Practices) greift schließlich die zentralen Erkenntnisse der ethnographischen Analyse auf und diskutiert die Folgen für sozial-ökologische Transformationsprozesse. Die Ergebnisse aus den beiden ethno-graphischen Fallstudien (Artikel II, III) werden zusammengeführt und anhand der Perspektive des Netzwerk-Ansatzes (Artikel I) diskutiert. Ich konkretisiere damit die Potentiale einer praxistheoretischen Herangehensweise für die soziologische Analyse der Verpackungsnutzung und die Entwicklung von praktischen Precycling-Strategien zur systematischen Verpackungsmüllvermeidung.