‚Raum' ‚Raum' als Gegenstand historischer Untersuchungen und als Zugang zu geschichtlichen Phänomenen hat seit einiger Zeit verstärkt Aufmerksamkeit gefunden 239 . Was man darunter zu verstehen hat, wird, wie bei solch übergreifenden Konzepten zumeist zu beobachten, sehr unterschiedlich definiert. Weitgehende Einigkeit besteht jedoch darin, ‚Raum' nicht als ontisch-topographische Kategorie zu fassen, auf die Menschen lediglich passiv reagieren können 240 . Vielmehr wird herausgestellt, dass die Bedeutungszuschreibungen zum Raum historischen und gesellschaftlichen Wandlungen unterworfen waren und sind 241 . Eine konzise Definition gibt Rudolf Stichweh. Er begreift Raum als "ein Medium der Wahrnehmung und der sozialen Kommunikation, das auf Leitunterscheidungen von Objekten und Stellen und von Ferne und Nähe aufruht". ‚Raum' wird also zunächst einmal als ein Medium betrachtet, das auf gesellschaftsintern getroffene Unterscheidungen zurückgreift und an das gesellschaftliche Kommunikation anschließt 242 . Nähe und Ferne sowie die Verknüpfung von "Objekten und Stellen" sind sehr abstrakte Kategorien, die nicht zuletzt deshalb das Potential haben, für unterschiedliche historische Epochen nutzbar gemacht werden zu können. So unterstreicht Stichweh die Bedeutung des Raumes gerade für die Vormoderne. Während die Gegenwart stärker mit ‚Zeit' als distinktiver Kategorie arbeitet, scheint die Epoche vor dem 18. Jahrhundert den Raum als Unterscheidungsmittel präferiert zu haben. War z. B. nach Ansicht des Mittelalters und der frühen Neuzeit für fremde Kulturen kennzeichnend, dass sie in fernen, 239 Erinnert sei an den 45. Historikertag in Kiel 2004 zum Thema ‚Kommunikation und Raum'. 240 Die mittelalterliche Kartographie legt ein anschauliches Zeugnis darüber ab, wie geographische, religiöse und soziale Kategorien zu einem eigenen Weltbild verschmelzen; vgl. Baumgärtner, Welt im kartographischen Blick, S. 527 ff. 241 Vgl. etwa die Arbeiten in dem Sammelband von Rau/Schwerhoff, Zwischen Gotteshaus und Taverne. Schon Paravicini, Zeremoniell und Raum, S. 14, scheibt, dass "Raum […] stets eine Folge der Vorstellung [ist], und nicht umgekehrt". 242 Stichweh, Raum, Region und Stadt, S. 346 und S. 348. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass Stichweh diesem Raumkonzept ein Weiteres zur Seite stellt, welches das Verhältnis realer topographischer Gegebenheiten (Wüsten, Gebirge) und Gesellschaftsentwicklung diskutiert. Für den hier zu untersuchenden Stadtraum ist dies weniger von Bedeutung. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY-NC-ND 4.0 247 "Körper und Raum konstituieren sich gegenseitig"; Schlögl, Kommunikation unter Anwesenden, S. 183. 248 Erst als das Kölner Hochgericht eine Person auf dem Rathausvorplatz festsetzen lassen wollte, wurde vom Rat die Immunität des Platzes als Argument angeführt; zur so genannten Theus-Affäre vgl.