ZusammenfassungUngeachtet der sozialgesetzlichen Vorgaben existieren im deutschen Gesundheitssystem in der Patientenversorgung nebeneinander Unter‑, Fehl- und Überversorgung. Überversorgung bezeichnet diagnostische und therapeutische Maßnahmen, die nicht angemessen sind, da sie die Lebensdauer oder Lebensqualität der Patienten nicht verbessern, mehr Schaden als Nutzen verursachen und/oder von den Patienten nicht gewollt werden. Daraus können hohe Belastungen für die Patienten, deren Familien, die Behandlungsteams und die Gesellschaft resultieren. Dieses Positionspapier erläutert Ursachen von Überversorgung in der Intensivmedizin und gibt differenzierte Empfehlungen zu ihrer Erkennung und Vermeidung. Zur Erkennung und Vermeidung von Überversorgung in der Intensivmedizin erfordert es Maßnahmen auf der Mikro‑, Meso- und Makroebene, insbesondere die folgenden: 1) regelmäßige Evaluierung des Therapieziels im Behandlungsteam unter Berücksichtigung des Patientenwillens und unter Begleitung von Patienten und Angehörigen; 2) Förderung einer patientenzentrierten Unternehmenskultur im Krankenhaus mit Vorrang einer qualitativ hochwertigen Patientenversorgung; 3) Minimierung von Fehlanreizen im Krankenhausfinanzierungssystem gestützt auf die notwendige Reformierung des fallpauschalbasierten Vergütungssystems; 4) Stärkung der interdisziplinären/interprofessionellen Zusammenarbeit in Aus‑, Fort- und Weiterbildung; 5) Initiierung und Begleitung eines gesellschaftlichen Diskurses zur Überversorgung.