Niederenergetische Elektronen (NEEs) mit Energien unter 2 eV zersetzen 4-Nitroimidazol (4NI) sehr effizient über dissoziative Elektronenanlagerung (DEA). Diese Reaktionen umfassen einfache Bindungsbrüche, aber auch komplexere Prozesse wie mehrfache Bindungsbrüche und die Bildung neuer Moleküle. Alle diese Reaktionen zeigen sich als scharfe Strukturen im detektierten Anionensignal und werden als Feshbach-Resonanzen gedeutet, die effiziente Wegbereiter für DEA sind. Die außergewçhnlich vielfältigen chemischen Reaktionen von 4NI werden bei Methylierung von 4NI an der N1-Position komplett blockiert. Diese bemerkenswerten Resultate haben auch Auswirkung auf die Entwicklung von Radiosensibilisatoren für die Strahlungstherapie von Tumoren auf Basis von Nitroimidazol. Niederenergetische Elektronen (NEEs) kçnnen in Molekülen außergewçhnlich selektive Reaktionen induzieren, [1, 2] die in der Bildung eines temporären metastabilen Elektron-Molekül-Komplexes (MC À# ; M= Molekül) ihren Anfang nehmen. Dieses kurzlebige negative Ion kann anschließend in ein neutrales Fragment und ein negativ geladenes Fragment-Ion zerfallen [dissoziative Elektronenanlagerung, DEA; Gl. (1a)]. DEA konkurriert mit dem Prozess der spontanen Elektronenemission, bei dem das kurzlebige negative Ion das Überschusselektron wieder abgibt und in einem eventuell angeregten Zustand verbleibt [Gl. (1b)]. [1]In der Nukleinbase Thymin zum Beispiel ist der Verlust eines neutralen H-Atoms über DEA bei Elektronenenergien unter 3 eV bindungsselektiv -nur die beiden N-H-Bindungen sind involviert. [3] Durch ¾ndern der Elektronenenergie kann dieser Prozess sogar positionsselektiv gemacht werden, denn bei Elektronenenergien unter 1.2 eV betrifft der H-Verlust ausschließlich die N1-Stelle. [4] Ebenfalls wurde gezeigt, dass durch ein einziges Elektron mit einer Energie von ca. 2 eV die Herauslçsung von CN À aus Acetamid induziert werden kann, die über eine komplexe Reaktion mit gemeinsamer Spaltung von mehreren Bindungen und die Bildung neuer Moleküle wie H 2 O abläuft. [5] In theoretischen Studien wurde kürzlich vorhergesagt, dass ein eingefangenes NEE simultan bis zu vier Bindungen in Ringmolekülen brechen kann, bevor das Überschusselektron wieder abgegeben wird. [6,7] In der hier vorgestellten Studie wurde die Anlagerung von NEEs an 4-Nitroimidazol (4NI) und 1-Methyl-4-nitroimidazol (Me4NI; Abbildung 1) mithilfe massenspektrometrischer Detektion der Anionen untersucht. Beide Moleküle sind bemerkenswert empfindlich gegenüber NEEs mit Energien zwischen 0 und 6 eV, was sich in einer Vielfalt an Fragment-Anionen zeigt, die über verschiedene unimolekulare Zerfallsreaktionen entstehen. Obwohl beide Moleküle dieselben ionischen Endprodukte erzeugen -ausgenommen den Verlust des H-Atoms -wird dieser Vorgang bei Energien unter Abbildung 1. Molekülstrukturen von a) 4-Nitroimidazol (4NI) und b) 1-Methyl-4-Nitroimidazol (Me4NI).