Die Proteinsynthese und ihre Verbindung mit dem genetischen Code spielten lange Zeit eine zentrale Rolle in der Biologie. Der schnelle experimentelle Fortschritt führte im vergangenen Jahrzehnt zu einer nahezu kompletten Beschreibung dieser Prozesse. Weitere wichtige Experimente ergaben Hinweise dafür, dass die natürliche Protein‐Translationsmaschinerie neu programmiert werden kann, um viele nichtkanonische Aminosäuren genetisch zu codieren. Tatsächlich lassen die 20 kanonischen Aminosäuren, die im universellen genetischen Code verwendet werden, viele wünschenswerte Funktionalitäten vermissen, etwa Halogen‐, Keto‐, Cyan‐, Azido‐, Nitroso‐, Nitro‐ oder Silylgruppen sowie CC‐ oder CC‐Bindungen. Die Fähigkeit, genetisch eine derartige chemische Vielfalt zu codieren, wird uns ermöglichen, lebende Zellen wie Bakterien neu zu programmieren, sodass sie maßgeschneiderte Proteine mit vielseitigen Funktionen exprimieren. An der Schnittstelle von Biologie, Chemie und Physik entwickelt sich mit dem Engineering des genetischen Codes ein aufstrebendes Forschungsgebiet.