ZusammenfassungNeben einer intensiven wissenschaftlichen und sicherheitspolitischen Beschäftigung mit dem Phänomen des Islamismus hat sich seit Beginn der frühen 2010er-Jahre ebenfalls eine umfangreiche und vielfältige Landschaft der Radikalisierungsprävention entwickelt. Sowohl auf bundes- landes- als auch kommunaler Ebene sind beachtliche Anstrengungen unternommen worden, um eine effektive Radikalisierungsprävention zu etablieren. Während anfänglich aufgrund der Vielzahl unterschiedlicher Projekte noch von einem Wildwuchs in der Präventionsarbeit gesprochen wurde, hat sich mittlerweile die Präventionsarbeit zu einem bedeutsamen zivilgesellschaftlichen Handlungsfeld entwickelt (Ceylan und Kiefer 2018 und 2022). Im Sinne einer Begleitung dieser Entwicklung diskutiert der folgende Beitrag die Frage, wie Präventionsakteure Adressat:innenbilder in der präventiven Praxis im Bereich des religiös begründeten Extremismus konstruieren. Der Begriff der Konstruktion verweist dabei auf die erkenntnistheoretische Annahme, wonach Wahrnehmung und Erkenntnis vor allem als konstruktive und weniger als abbildende Tätigkeiten verstanden werden. Zur Beantwortung der Fragestellung wurden 18 teilstandardisierte Expert:inneninterviews mit Präventionsakteuren der sekundären und tertiären Präventionsebenen durchgeführt und inhaltsanalytisch ausgewertet. Da die in den Interviews dargestellten Beschreibungen von Adressat:innen und ihren Radikalisierungsprozessen dezidiert als kreative Konstruktionsleistungen der befragten Präventionsakteure verstanden werden, können die in diesem Beitrag vorgestellten Ergebnisse als Ausgangspunkte einer Reflexion der präventiven Praxis dienen.