Zusammenfassung
Bei etwa 7–10 % der pädiatrischen Krebspatienten werden zugrunde liegende Tumordispositionssyndrome (TDS) vermutet. Das Erkennen von TDS hat klinische Implikationen für die Krebsprävention und -früherkennung, die Krebstherapie und -nachsorge, die psychosoziale Unterstützung sowie die Beratung von Angehörigen und Identifizierung weiterer Anlageträger in den betroffenen Familien. Hinweise auf das Vorliegen eines TDS anhand von Eigen- und Familienanamnese, Untersuchungsbefund sowie gegebenenfalls Tumorhistologie und -genetik müssen daher möglichst früh erkannt werden, um bei Verdacht auf Vorliegen eines TDS eine humangenetische Beratung und gegebenenfalls genetische Diagnostik zu veranlassen. Wissenschaftliche Untersuchungen zu TDS liefern Einblicke in die Biologie der Gewebe- und Tumorentwicklung und weisen auf mögliche Ansatzpunkte zielgerichteter Therapien hin. Die vorliegende Arbeit gibt eine Übersicht über TDS mit erhöhtem Risiko für Wilms-Tumoren (Nephroblastome), Neuroblastome oder Medulloblastome. Zusätzlich werden zwei vergleichsweise neu beschriebene Syndrome mit breitem Neoplasiespektrum erläutert: die konstitutionelle Mismatch-Reparatur-Defizienz (CMMRD) und das DICER1-Syndrom. Neben der Erläuterung der klinischen Charakteristika und der genetischen Grundlagen werden für die tägliche Praxis Hinweise zur Indikation von genetischen Untersuchungen und Früherkennung bei TDS aufgeführt. Die Betreuung der Betroffenen und ihrer Angehörigen sollte möglichst interdisziplinär erfolgen. Forschung zu TDS, zum Beispiel im Rahmen von Registern für TDS, ist essenziell, um langfristig die medizinische Versorgung von Menschen zu verbessern, die bedingt durch konstitutionelle genetische Veränderungen ein erhöhtes Krebsrisiko haben.