Aktueller Forschungsstand zum pflanzlichen Antidepressivum Johanniskrautextrakt

Abstract

ZUSAMMENFASSUNGAus dem Zusammenspiel von neurobiologischen und psychosozialen Faktoren kennt man 3 für die Pathologie der Depression wesentliche Mechanismen. Neben der gut bekannten gestörten Neurotransmission resultiert die chronische Aktivierung der HPA-Achse in einer deregulierten Stressantwort, oxidativer Stress im Rahmen der Depression bedingt zusätzlich Inflammation und neurodegenerative Prozesse. In diesem Review wird der aktuelle Wissensstand zum Wirkspektrum des pflanzlichen Antidepressivums Johanniskrautextrakt dargelegt und mit synthetischen Antidepressiva verglichen. Auf der Basis aktueller Forschung lässt sich so ein Modell aus 3 wesentlichen Wirkmechanismen von Johanniskrautextrakt ableiten, über die – häufig analog zu klassischen chemisch-synthetischen Antidepressiva – in die Pathologie und Entwicklung der Depression eingegriffen werden kann.

Johanniskrautextrakte zur antidepressiven Pharmakotherapie

“…hypothalamic-pituitary-adrenal axis) (u. a. mit der Folge einer Hyperkortisolämie) normalisieren, und zwar durch eine Reduktion der bei der Depression erhöhten ACTH-und Kortisolwerte (im Tier gezeigt durch Grundmann et al [15]) sowie durch eine Reduktion der Exprimierung des FKBP5-Gens in isolierten menschlichen Nervenzellen, was zu der deregulierten HPA-vermittelten Stressreaktion bei Depression beiträgt [32]. Auch auf die Regulation entzündlicher und neurodegenerativer Prozesse (u. a. vermittelt über TNF-α) wirken Johanniskrautextrakte normalisierend [10].…”

“…Extrakte aus den blühenden Zweigspitzen des Johanniskrauts werden vor allem als Antidepressiva genutzt, allerdings wird auch von wundheilenden, antibakteriellen, fungiziden, selbst von antiviralen Eigenschaften berichtet 24 . Die Extrakte enthalten unterschiedliche Konzentrationen an Inhaltsstoffen mit nachgewiesenen biologischen Aktivitäten wie Hypericin, Hyperforin und Flavonoide 7 10 ( Tab. 1 ).…”

Update Phytotherapie – Aktueller wissenschaftlicher Stand bei Angst, Depression, innerer Unruhe und Schlafstörungen

“…Nach aktuellen Erkenntnissen setzt Johanniskraut (▶ Abb. 5) mittels seiner Inhaltsstoffe Hypericine, Hyperforine und Flavonoide, bei denen besonders Quercetin und seine Derivate (Hyperosid und Miquelianin) im Vordergrund stehen, an allen 3 pathogenetischen Mechanismen der Depression an [12]: ▪ an der übersteigerten Stressantwort infolge der reduzierten Feedback-Regulation der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse ▪ an entzündlichen und neurodegenerativen Prozessen, die sich durch proinflammatorische Zytokine (wie TNF-α und IL-6) sowie erhöhte Mengen an reaktiven Sauerstoffverbindungen als Folge der überhöhten Stressantwort zeigen ▪ an der gestörten Neurotransmission Dass Johanniskrautextrakt präsynaptisch die Wiederaufnahme der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin hemmt, ist schon länger bekannt [15]. Dieser Effekt korreliert typischerweise zeitlich mit der antidepressiven Wirkung der Medikamente.…”