Der jüngsten Konjunktur des Animismus, die sich mittlerweile unter der Bezeichnung ‘Neuer Animismus’ (New Animism) zu einer mehr oder minder kohärenten Strömung formiert hat, gilt die animistische Onto-Epistemologie als Gegenmodell zur Moderne, als alternative und für die heutige Zeit opportune Weltanschauung. Als bestimmte Spielart des Turns zu relationalen Onto-Epistemologien wird der Neue Animismus genealogisch innerhalb der Geschichte der anthropologischen Animismusforschung sowie innerhalb der symbolischen Ordnung der ‘westlichen Zivilisation’ verortet. Mit Edward Tylors ‘altem’ Animismus aus den Ursprüngen der Disziplin wird die Kontrastfolie für den Neuen Animismus entwickelt; mit Alfred Irving Hallowells Ethno-Metaphysik zur Mitte des 20. Jahrhunderts wird sein Vorläufer vorgestellt; und mit Nurit Bird-Davids wegweisender Wiederaufnahme von Hallowell, erweitert durch James Gibsons Umweltbegriff und Marilyn Stratherns Dividuum, wird schließlich die ‘Gründungsschrift’ des Neuen Animismus präsentiert. Vor dem Hintergrund dieser genealogischen Rekonstruktion wird anhand des programmatischen The Handbook of Contemporary Animism (2013) das zentrale Motiv des Versprechens der Rettung der Zivilisation durch die Bewältigung der Krise der Vorstellung exponiert. Ziel der Rekonstruktion ist, die Grundlage für eine Kritik des Neuen Animismus zu legen, die nicht stets aufs Neue die Differenz zu Moderne und Aufklärung betont, sondern den Begriff der Zivilisation zum Ausgangspunkt hat.