DIE WORTSTELLUNG DER VERBALFELDER IM OSTJIDDISCHEN 1. Einleitung Eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Wortstellung des Ostjiddischen gibt es seit dem zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. 1 Bis auf eine Ausnahme 2 ist ihr Untersuchungsgegenstand das moderne Ostjiddische, wie es seit etwa 1870 geschrieben und gesprochen wird. Die meisten der bisher veröffentlichten Studien zur ostjiddischen Wortstellung gliedern sich in zwei Gruppen, die sich in Methode und Zielsetzung markant voneinander unterscheiden. Die erste Gruppe umfasst die älteren, größtenteils vor 1950 entstandenen, auf Jiddisch und für Jiddischsprecher geschriebenen Dar stellungen, die in der Tradition vorstrukturalistischer, normativer Grammatik stehen. 3 Die Bedeutung dieser Arbeiten beruht vor allem auf der unanfechtbaren muttersprachlichen Kompetenz ihrer Verfasser und der damit verbundenen Authentizität der von den Verfassern gemachten Angaben. Problematisch an ihnen ist allerdings die enge linguistische Betrachtungsweise: Das Augenmerk dieser Arbeiten gilt nicht etwa übergeordneten Zusammenhängen, sondern der topologischen Besetzung einzelner als wichtig erachteter Stellen (z. B. vor dem Finitum) sowie der Positionierung von besonderen Einheiten (z. B. Subjekt, Refl exivpronomen, Negation).Die zweite Gruppe bisheriger Forschungsliteratur zur ostjiddischen Wortstellung setzt sich aus Arbeiten zusammen, die innerhalb der letzten ca. 40 Jahre entstanden sind und denen die Wahl der generativen Syntax als methodische Grundlage gemeinsam ist. Trotz eines gewaltigen theoretischen Rüstzeugs bringen diese Arbeiten jedoch auf dem Gebiet der ostjiddischen Wortstellung bis auf 1