Zusammenfassung
Hintergrund
Die Haltungsregulierung basiert auf komplexen Interaktionenmechanismen posturaler Subsysteme. Dabei scheint auch das Hören einen Einfluss auf die posturale Kontrolle auszuüben.
Fragestellung
Ziel der Arbeit war es, den Einfluss auditorischen Inputs auf die posturale Stabilität zu erfassen und unter Berücksichtigung subjektiver Aspekte Erkenntnisse über Interaktionsmechanismen zwischen auditorischem Input und posturalen Subsystemen zu erhalten.
Material und Methoden
Bei 30 gesunden, normalhörenden Probanden wurde mittels Interactive Balance System (IBS; Fa. neurodata GmbH, Wien, Österreich) in 8 Testpositionen die posturale Regulation und Stabilität jeweils in den Konditionen mit Geräusch (frontale Präsentation) und verblockt ohne Geräusch erfasst. Bei diesem elektrophysiologischen Messverfahren wird sowohl die posturale Kontrolle auf Produktebene (z. B. Stabilität, Gewichtsverteilung) wie auch mittels Fast-Fourier-Analyse des Kraft-Zeit-Verhältnisses die Arbeitsweise der posturalen Subsysteme auf Prozessebene (frequenzorientiert) erfasst.
Ergebnisse
Es zeigte sich auf Prozessebene in der Kondition mit Geräusch eine relevante (ηp2 ≥ 0,10) Reduktion der posturalen Regulation in den Frequenzbändern F1 (0,03–0,1 Hz, visuelles und nigrostriatales System; ηp2 = 0,122;) sowie F2–4 (0,1–0,5 Hz, peripher-vestibuläres System; ηp2 = 0,125). Auf Produktebene ergab sich im Parameter WDI (Gewichtsverteilungsindex) eine relevante Zunahme mit Geräusch (ηp2 = 0,159). Bei der posturalen Stabilität (Parameter: Stabilitätsindikator, ST) zeigte sich keine Änderung zwischen den beiden auditorischen Konditionen. Bezüglich der subjektiven Einschätzung des Einflusses auditorischer Inputs auf die Stabilität bestanden deutliche interindividuelle Schwankungen.
Schlussfolgerung
In dieser Studie wurde eine Umverteilung der Aktivität posturaler Subsysteme unter auditorischem Input nachgewiesen, während sich kein Unterschied hinsichtlich des Stabilitätsindikators (ST) zeigte. Daraus ergeben sich neue Erkenntnisse über Mechanismen audiovestibulärer Interaktion.