Zusammenfassung
Hintergrund Die Gutachterkommissionen der Ärztekammern
ermöglichen eine kostenfreie und außergerichtliche Bewertung von
putativen ärztlichen Behandlungsfehlern. Sie erstellen Gutachten, die
wertvolle Angaben zu Prozessschritten beinhalten, die dem eigentlichen
Behandlungsfehler vorangehen. Ziel der vorliegenden Studie ist es,
Prozessschritte in den Gutachtentexten zu identifizieren und systematisch zu
kategorisieren, um damit die Voraussetzung für eine Auseinandersetzung
mit Fehlern zu ermöglichen.
Methodik In dieser Studie werden zehn zufällig ausgewählte
und anonymisierte Gutachten der Gutachterkommission für Fragen
ärztlicher Haftpflicht der Bezirksärztekammer
Südwürttemberg mit festgestellten hausärztlichen
Behandlungsfehlern nach der Methode der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet.
In einem iterativen Prozess wurden zentrale Elemente von Gutachten in ein
deduktiv-induktiv erstelltes Kategoriensystem eingeordnet.
Ergebnisse Es wurden sechs Hauptkategorien mit zugehörigen
Unterkategorien identifiziert: 1) Strukturmerkmale des Gutachtens, 2)
Arzt-Patienten-Kommunikation, 3) medizinischer Verlauf, 4) Patientenerleben, 5)
Handlung Praxisteam, 6) Koordinierende Funktion im Gesundheitssystem. Das
Kategoriensystem zeigte bei wiederholter Anwendung eine ausreichende
Reliabilität.
Schlussfolgerungen Fehler bieten die Chance, aus ihnen zu lernen. Die
vorgeschlagene Systematik kann die Komplexität von Gutachten
strukturieren und dadurch in verschiedenen Kontexten als Hilfsmittel dienen.
Insbesondere ermöglicht sie eine differenzierte Betrachtung bei der
Erstellung und vergleichenden Analyse von Gutachten und könnte in der
Versorgungsforschung sowie in der Aus- und Weiterbildung genutzt werden.