1 Einleitung Beton ist charakterisiert durch eine verhältnismäßig hohe Druckfestigkeit und eine vergleichsweise niedrige Zugfestigkeit. Um das Material möglichst effizient nutzen zu können, müssen Baustrukturen so gestaltet werden, dass hauptsächlich Druckspannungen und nur geringe Zugspannungen auftreten. Oft führen externe Lasten jedoch zu einer Biegebeanspruchung, die sich insbesondere bei dünnwandigen Bauteilen negativ auswirkt. Aufgrund der kleinen statischen Nutzhöhe z. B. bei Schalentragwerken führt dies auch schon bei geringen Beanspruchungen zu relativ hohen Zugbeanspruchungen und in weiterer Folge zu Rissen. Diese sind insbesondere bei Bauteilen mit hohen optischen Anforderungen wie Fassadenplatten oder bei Bauteilen mit hohen Dichtigkeitsanforderungen wie Rohren oder Wasserbehältern problematisch. Eine Möglichkeit, höhere Biegespannungen unter Gebrauchslast rissfrei aufnehmen zu können, ist eine Vorspannung. Für dünnwandige Bauteile wird aktuell meist eine Vorspannung im sofortigen Verbund verwendet. Nachteilig ist dabei, dass die Spannglieder immer einen geradlinigen Verlauf zwischen den Spannvorrichtungen aufweisen. Eine Umlenkung wäre zwar möglich, ist aber praktisch schwer umsetzbar. Janke et al. [1] haben die Idee beschrieben, dünnwandige gekrümmte Elemente mit Formgedächtnislegierung (FGL) zu bewehren. Die Idee der Autoren ist nun, eine vorgedehnte FGL als Bewehrung zu verwenden und das gesamte Bauteil im Rahmen einer geeigneten Nachbehandlung nach Erreichen einer notwendigen Mindestfestigkeit des Betons thermisch zu aktivieren. Die Betonfestigkeit muss dabei bereits so weit entwickelt sein, dass die Vorspannkräfte aus der Formgedächtnislegierung vom Beton aufgenommen werden können, ohne dass dieser frühzeitig geschädigt Durch thermische Nachbehandlung können die Eigenschaften von Materialien gezielt beeinflusst werden. Ein Beispiel dafür ist Beton. Durch den Erwärmungsprozess können der Aushärtungsprozess beschleunigt und etwaig vorhandene puzzolanische Zuschlagstoffe zugunsten einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften aktiviert werden. Eisenbasierte Formgedächtnislegierungen reagieren unter bestimmten Umständen auch sensitiv auf Temperatureinwirkung. Eine vorab mechanisch eingeprägte Form, die beispielsweise durch Vordehnen hergestellt wird, kann durch eine thermische Behandlung wieder rückgängig gemacht werden. Wird diesem "Formgedächtniseffekt" ein Widerstand entgegengesetzt, so führt dieser zu einer Zugkraft im Metallteil, die gezielt als Vorspannung genutzt werden kann. Bewehrt man nun Beton mit Stäben oder Matten aus einer eisenbasierten Formgedächtnislegierung und behandelt die Bauteile entsprechend thermisch nach, kann ein Selbstvorspannungseffekt erzeugt werden, der sich vorteilhaft auf die Gebrauchstauglichkeit und Steifigkeit der Bauteile auswirkt. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über eine erste Machbarkeitsstudie zu diesem Ansatz. Nach einer Beschreibung der verwendeten Ausgangsmaterialien wird eine erste Serie von Dreipunktbiegeversuchen präsentiert, anhand dere...