Zusammenfassung
Ziel der Studie Menschen mit geistiger Behinderung weisen eine geringere Lebenserwartung und häufigere Komorbidität als die Allgemeinbevölkerung sowie ungedeckte Gesundheitsbedarfe auf. Als ein Grund wird eine unzureichende medizinische Versorgung vermutet, wozu in Deutschland wenige Daten vorliegen. Die Studie widmet sich deshalb der Frage, wie Menschen mit geistiger Behinderung die medizinische Versorgung einschließlich Vorsorge und präventive Angebote in Anspruch nehmen.
Methodik Querschnittstudie in 3 Werkstätten für Menschen mit geistiger Behinderung. Von Angehörigen wurde die Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung per Fragebogen erhoben. Die Auswertung erfolgte deskriptiv und inferenzstatistisch im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sowie innerhalb der Teilnehmenden auf soziodemografische Unterschiede.
Ergebnisse Fast alle 181 Teilnehmer (Teilnahmequote 19,3%) haben einen Hausarzt. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung nehmen die Teilnehmer die hausärztliche und die Versorgung durch zahlreiche andere Facharztgebiete häufiger in Anspruch. Die Krebsvorsorge für Dickdarm, Brust, Gebärmutterhals und Prostata nehmen sie seltener, für Haut und den Check-up öfter in Anspruch. Bei Zahnarztkontrollen und Maßnahmen der Gesundheitsförderung zeigt sich kein Unterschied. Teilnehmer aus Wohnheimen nehmen die Regelangebote mehr in Anspruch als die bei Angehörigen oder alleine Lebenden. Teilnehmer mit Migrationshintergrund kennen die Versorgungsangebote weniger gut.
Schlussfolgerung Hinweise auf eine generelle gesundheitliche Unterversorgung zeigen die Ergebnisse nicht. Die Teilnahme an der Krebsvorsorge mit aufwändigeren Untersuchungen sollte gefördert werden, insbesondere für die allein oder bei Angehörigen lebenden Menschen mit geistiger Behinderung; Menschen mit Migrationshintergrund und ihre Angehörigen sollten gezielt informiert werden.