ZusammenfassungDer Beitrag knüpft an eine aktuelle Debatte in der Bewertungssoziologie an, indem er sich der soziologischen Modellierung von Transsituativität in Bewertungspraktiken widmet. Während bisherige bewertungssoziologische Arbeiten mehrheitlich ihren Fokus auf spezifische Situationen legen, in denen Akteur:innen intersubjektiv aushandeln, was warum wie wertvoll ist, plädiert der Beitrag für den analytischen Gewinn eines organisationssoziologischen Zugangs. Formale Organisation, so wird gezeigt, setzt durch das Bereitstellen von Personen, Regeln und Infrastrukturen transsituative Wechselwirkungen zwischen den beteiligten Akteur:innen in Gang, die Bewertungsentscheidungen grundlegend prägen – und zwar in einer Weise, die nur im Kontext formaler Organisation möglich ist. Empirische Grundlage des Beitrags ist eine Studie zu Auswahlverfahren an zwei renommierten Kunsthochschulen. Anhand dieser Studie wird verdeutlicht, wie im Kontext formaler Organisation gegensätzliche Wertlogiken – in diesem Fall von Auswahlkommission und Verwaltung – trotz aller behaupteter Rivalitäten konfliktvermeidendend verwoben werden. Das Fazit lautet, dass Bewertungen sich im Kontext formaler Organisation nur nach außen überhaupt nur als „Situationen“ darstellen, indem ihre inhärente Organisationsförmigkeit von den Beteiligten gekonnt unsichtbar gehalten wird – und zwar mit den Mitteln der formalen Organisation.