Bildung zwischen der zweckrationalen Logik des Marktes und der Logik des Unbewussten – wie wird ein sonderpädagogisch-psychoanalytischer Bildungsbegriff greifbar?

Abstract

Dieser Beitrag legt dar, ob und inwiefern Bildungsverständnisse der Psychoanalytischen Pädagogik anschlussfähig zu machen sind für einen sonderpädagogisch konturierten Bildungsbegriff im Allgemeinen und für den Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (ESE) im Speziellen. In einem ersten Schritt wird Bildung im Sinne der Forderung einer Bildung für alle kontrastiert mit der zweckrationalen Logik des Marktes. Danach erfolgt zweitens eine Analyse ausgewählter exemplarischer Bildungsbegriffe der Psychoanalytischen Pädagogik und ihrer Relevanz für die Sonderpädagogik. Schließlich wird drittens skizziert, ob und inwiefern sich Bildungen in der Sonderpädagogik sowohl an einer Subjektlogik orientieren und zugleich das Realitätsprinzip des Marktes in seiner emanzipatorischen Dimension berücksichtigen können und dies auch sollten

„Ich habe meine Eltern idealisiert. Und ich habe sie praktisch von ʼnem Thron gehoben“ – Biografische Selbstreflexion als Initialzündung individueller Professionalisierung. Ausgewählte Ergebnisse einer qualitativempirischen Pilotstudie

“…Schon vermeintlich simple Übungen zum Einstieg, wie etwa "Mein Name", die nach der Herkunft und der Zufriedenheit mit dem eigenen Namen fragt, können tiefgehende Selbstreflexionen und Erfahrungen des "Gesehenwerdens" in der Gruppe anregen. Hinsichtlich der Reflexion von Gefühlen ist zu konstatieren, dass diese ein notwendiges Element von Bildungsprozessen sein sollten (Langnickel 2022). Wenn wir über Gefühle reflektieren, erlangen wir einen Zugang in die Welt unseres Gegenübers, was Mitscherlich (1973) als "Bildung der Gefühle" versteht.…”

Zur Demaskierung des Zwangs bei gehemmten Rebell:innen: Zwangsphänomene als Hidden Topic der Pädagogik bei Verhaltensstörungen

“…Gerade bei jüngeren Kindern können sich gehäuft Zwänge beim Anziehen oder beim Toilettengang manifestieren oder bei älteren Kindern im Zusammenhang mit der Autonomieentwicklung und der Sexualität (Walitza, Rütter & Brezinka, 2017). Einerseits ist im Schulkontext die Förderung der Persönlichkeitsentwicklung respektive der überfachlichen Kompetenzen bildungsrechtlich verankert und wird pädagogisch adressiert -das Subjekt mit seinem Begehren steht im Zentrum (Langnickel, 2022). Andererseits konfrontiert die pädagogische Situation Schüler:innen mit gesellschaftlichen und institutionellen Anpassungsforderungen und Erwartungshaltungen -das Subjekt soll an die Gesellschaft angepasst werden.…”

ESE 6 (2024): In den Fokus ver-rückt – hidden topics im Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung

“…Der Disziplin und Profession der Sonderpädagogik kommt dahingehend eine besondere Verantwortung zu, da sie psychoedukatives Wissen und mehrstufige Förderung von der universellen, selektiven und indizierten Prävention in die Praxis trägt und ihr dort eine Multiplikatorenrolle zukommt. Zweitens ist zu konstatieren, dass Zwang als Forschungsgegenstand innerhalb der Pädagogik bei Verhaltensstörungen nur wenig bis gar nicht berücksichtigt wird -wenn überhaupt, wird er im Kontext von Komorbidität von Angststörungen(Nevermann, 2008;Stein, 2012; Persönlichkeitsentwicklung respektive der überfachlichen Kompetenzen bildungsrechtlich verankert und wird pädagogisch adressiert -das Subjekt mit seinem Begehren steht im Zentrum(Langnickel, 2022). Andererseits konfrontiert die pädagogische Situation Schüler:innen mit gesellschaftlichen und institutionellen Anpassungsforderungen und Erwartungshaltungen -das Subjekt soll an die Gesellschaft angepasst werden.…”