ZusammenfassungDie ORATOR2-Studie war eine internationale, multizentrische, randomisierte Phase-II-Studie mit dem Ziel, das optimale Therapie-Deeskalationskonzept bei HPV-positiven Oropharynxkarzinomen im Frühstadium (T1–2, N0–2) zu erfassen. Die Patienten (n = 61) wurden entweder mittels transoraler Chirurgie und Neck Dissection behandelt oder mittels intensitätsmodulierter Strahlentherapie. Die Deeskalationskomponente beider Arme war eine Dosisreduktion der primären oder adjuvanten Strahlentherapie. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben. Dieses war im Bestrahlungsarm besser, was hauptsächlich durch 3 Todesfälle im Operationsarm bedingt war, hiervon 2 therapieassoziiert. Dies führte zum frühzeitigen Abbruch der Studie. Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie/Arbeitsgemeinschaft für Onkologie warnt davor, die Studienergebnisse als mögliches Entscheidungskriterium für die Therapiewahl von HPV-positiven Oropharynxkarzinomen zu verwenden, angesichts der Schwächen der Studie insbesondere im Operationsarm (Sicherheitsabstand von 10 mm, streng empfohlene Nachresektion bei R1/knappen Resektionsrändern, keine freien/regionalen Transplantate zur Rekonstruktion, kaum Verwendung der Laserchirurgie, hohe Tracheotomierate). Kleine Patientenzahlen, eine sehr selektionierte Patientenkohorte und die kurze Nachbeobachtungszeit schränken die Aussagekraft der Studie weiter ein. Patienten mit HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen sollten aktuell keine deeskalierende (Strahlen-) Therapie außerhalb klinischer Studien erhalten. Bei der Entscheidung zwischen einem chirurgischen oder einem strahlentherapeutischen Vorgehen sollten Patienten nach interdisziplinärer Zustimmung eines Tumorboards über Vor- und Nachteile beider Modalitäten aufgeklärt werden, bis Ergebnisse klinisch relevanter Phase-III-Studien (bspw. EORTC 1420) vorliegen.