Lagert man an einen Cluster aus einzelnen Teilchen weitere Teilchen an, so bleibt die energetisch günstigste Grundstruktur weder erhalten noch ändert sie sich kontinuierlich. Stattdessen findet man Größenbereiche mit jeweils einem stark dominierenden Bauprinzip und vergleichsweise schmale Grenzen zwischen diesen Bereichen. Die Struktur des Festkörpers wird in der Regel erst nach mehreren Strukturübergängen bei relativ großen Clustern erreicht. Für das Auftreten dieser Strukturübergänge scheint es keine Rolle zu spielen, ob die Teilchen Atome oder Moleküle sind und ob der Cluster homogen oder heterogen ist. Offenbar handelt es sich um ein kollektives Vielteilchenphänomen, das in rein reduktionistischer Sicht zwar prinzipiell berechnet, aber nicht einfach verstanden werden kann. Weil die tatsächliche Berechnung bei hinreichender Genauigkeit derzeit noch am viel zu hohen Rechenaufwand scheitert – auch beim Einsatz unkonventioneller evolutionärer Algorithmen zur globalen Geometrieoptimierung –, wären einfachere Strukturregeln sehr wertvoll. Denn bei diesen Strukturübergängen geht es nicht nur um die akademische Frage nach dem Zusammenhang zwischen Potentialenergiefläche und Clusterstruktur, sondern auch um wichtige Vorgänge in der Natur und in der technischen Chemie, vom Wachstum von Kristallkeimen bis zur Nanotechnologie. Hier wird eine exemplarische Übersicht über die Untersuchung von Strukturübergängen bei Clustern gegeben – von einfachen Modellsystemen, bei denen erste qualitative Erklärungsversuche bereits Erfolge zeigen, bis zu realistischeren, komplexen Systemen, die sich unserem Verständnis noch weitestgehend entziehen.