Die Analyse der Struktur des koronalen Plasmas gibt wichtige Einblicke in die Topologie des magnetischen Feldes in der Sonnenatmosphäre. Systematische Beobachtungen der Entwicklung von Strukturen der inneren Korona über längere Zeiträume sagen etwas aus sowohl über die globale solare Aktivität als auch über kleinskalige dynamische Vorgänge. Beobachtungen mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung können die Randbedingungen für theoretische Modelle und auch Kriterien für deren Gültigkeit liefern. Für die Durchführung solcher Beobachtungen war ein neuartiger Spiegelkoronograph mit internem Okkulter (MICA) am Max-Planck-Institut für Aeronomie in Katlenburg-Lindau (MPAe) entwickelt und im August des Jahres 1997 in El Leoncito, Argentinien aufgestellt worden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Betrieb von MICA automatisiert, unter besonderer Berücksichtigung von externen Umgebungsbedingungen (z.B. Klarheit und Konstanz der Erdatmosphäre, Wolken und Wind) und geräteinternen Kriterien (z.B. Temperaturregelung von Struktur und Filtern, CCD-Kamera, Filter, Eingangstür, Nachführung usw.). Die Zuverlässigkeit der entwickelten Kalibrationsprozedur wurde ausführlich untersucht. Dabei spielt auch der Extinktionskoeffizient der Erdatmosphäre und insbesondere seine Variabilität eine entscheidende Rolle. Die Interpretation der beobachteten Strukturen unter unterschiedlichen physikalischen Bedingungen in der Sonnenkorona wurde kritisch diskutiert. Dies wurde anhand einer besonderes schnellen, dynamischen Ereignisses, das in der grünen Koronalinie beobachtet wurde, illustriert. Die Korona stellt das Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Schichten der unteren Sonnenatmosphäre (Photosphäre, Chromosphäre und Übergangszone) und der ausgedehnten Heliosphäre dar, d.h. dem von Sonnenwindplasma erfüllten interplanetaren Raum. Aus diesem Grund ist das Studium der Rotation der Korona in Zusammenhang mit der bekannten differentiellen Rotation der Photosphäre von großer Bedeutung, um neue Erkentnisse über die Expansion der Korona, die Aufheizmechanismen und die Beschleunigung des Sonnenwinds zu gewinnen. In dieser Arbeit wurden deshalb die Rotationsmuster der grünen Korona anhand der neuen Koronagraphendaten untersucht. Wegen der enormen atmosphärischen Effekte bei den Beobachtungen mit einem erdgebundenen Korona-graph (MICA) und des Tag-Nacht-Zyklusses wurden Daten des nahezu baugleichen LASCO-C1-Instruments auf dem Weltraumobservatorium SOHO verwendet. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß zwei unterschiedliche Rotationsmuster einander überlagert sind: Das eine entspricht "starrer" Rotation, d.h. gleiche Rotationsraten bei allen Breiten und Abständen und betrifft vor allem die langlebigen, mehrfach umlaufenden Strukturen. Dem ist überlagert das Muster differentieller, d.h. stark breitenabhängiger Rotation, für die eher kleinskaligen Strukturen. Letzteres Ergebnis wurde durch Analyse von Bildern der Sonnenscheibe bestätigt, die von SOHO-EIT in mehreren EUV-Spektralbereichen aufgenommen wurden.