Zusammenfassung
Hintergrund
Zuverlässige Daten zu Verlauf und Therapie von COVID-19 („corona virus disease 2019“) bei Kindern mit rheumatischen Erkrankungen unter Immunsuppression fehlen.
Ziel der Arbeit
Abbildung individueller Strategien der Mitglieder der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) im Umgang mit COVID-19.
Methodik
Mittels Online-Umfrage wurden im Mai 2020 das Meinungsbild der GKJR-Mitglieder zum Umgang mit DMARDs („disease-modifying anti-rheumatic drugs“) bei COVID-19-Erkrankung sowie die Bereitschaft zum Einsatz spezieller Therapieansätze bei Patienten mit unterschiedlicher Schwere von COVID-19 erhoben.
Ergebnisse
Es nahmen 71 Kollegen (27,3 % aller befragten ärztlichen Mitglieder) an der Umfrage teil; davon hatten 28,2 % bereits Patienten mit COVID-19 betreut. Über 95 % der Teilnehmer lehnten eine präventive Anpassung der antirheumatischen Therapie im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie ab. Bei ambulanten Patienten unter Immunsuppression mit nachgewiesener COVID-19-Erkrankung würden mehr als 50 % der Teilnehmer folgende Therapien aussetzen: intravenöse hoch dosierte Steroide, Cyclophosphamid, Anti-CD20-Antikörper, sowie eine BAFF-, CTLA-4-, TNF-α-Blockade. Hingegen würden nichtsteroidale Antiphlogistika, Hydroxychloroquin (HCQ), orale Steroide, Mycophenolat, IL-1-Blockade sowie Immunglobuline (Ig) von >70 % der Kollegen weiter fortgeführt. Bei stationären Patienten mit COVID-19 würden insgesamt 74,6 % der Kollegen eine COVID-19-gerichtete Therapie erwägen. Bei stabilem Verlauf unter O2-Therapie (Stufe I) würden am häufigsten HCQ (18,3 %), Azithromycin (16,9 %) und Ig (9,9 %) in Betracht gezogen. Bei drohendem (Stufe II) bzw. manifestem Zytokinsturm (Stufe III) würden am häufigsten Anakinra (40,8 % bei Stufe II bzw. 46,5 % bei Stufe III), Tocilizumab (26,8 % bzw. 40,8 %), Steroide (25,4 % bzw. 33,8 %) und Remdesivir (29,6 % bzw. 38,0 %) eingesetzt. Von vielen Kollegen wurde betont, dass die Therapiestrategie individuell und der klinischen Situation entsprechend angepasst werden soll.
Diskussion
Die Ergebnisse der Online-Umfrage sind vor dem Hintergrund einer aktuell in Deutschland niedrigen Prävalenz von COVID-19 zu sehen und spiegeln somit theoretische Überlegungen der Befragten wider. Da Kinder derzeit nicht im Fokus von prospektiven COVID-19-Studien stehen, scheint der kontinuierliche und kritische kollegiale Fachaustausch bei Therapieentscheidungen umso wichtiger zu sein.