Christen des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit suchten Schutz und Hilfe bei Maria. Kranke hofften, von ihr geheilt zu werden. Grassierte die Pest, flüchteten Bürger und Bauern unter ihren schützenden Mantel. Maria sollte es regnen lassen, wenn das Getreide auf den Feldern zu verdorren drohte. Die himmlische Frau geriet unter Erwartungsdruck, wenn sie von ihren Verehrern und Verehrerinnen mit flehentlichen Bitten bedrängt wurde. Zur Marienfrömmigkeit der abendländischen Christenheit gehörte überdies der Glaube, dass sich Maria bildhafter Zeichen bedient, um in kriegerischen Konflikten ihrer frommen Anhängerschaft zum Sieg zu verhelfen. Marienverehrung bildete ein Strukturelement vormoderner Kriegführung. Herren über Land und Leute, die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit Kriege führten, rechneten mit dem Beistand himmlischer Mächte. Sie vertrauten auf Gottes Hilfe, wenn es darauf ankam, politische Interessen und religiöse Ziele mit Waffengewalt durchzusetzen. Zu entscheiden, wer siegte und besiegt wurde, lag allein in Gottes Macht. Christen, die sich an die Lehre ihrer Kirche hielten, waren der Überzeugung, dass Maria durch die Macht ihrer Fürsprache die Entscheidungen Gottes zu beeinflussen vermag. Die Kirche lehrte es so. Christen, die zum Schwert griffen, glaubten es. Rituale, Zeichen und Bilder sollten gewährleisten, dass Gott die Seinen, die für den wahren Glauben, für Recht und Gerechtigkeit kämpfen, nicht im Stich lässt. Von überirdischen Mächten Kriegshilfe zu erwarten, war keine Erfindung mittelalterlicher Christen und ihrer Kirche. Kriege waren in der antiken Welt ohne die Hilfe von Göttern und Heroen nicht denkund machbar. 1 Israels Kriege, von denen die Schriften des Alten Bundes 1 Wolfgang Speyer, "Die Hilfe und Epiphanie einer Gottheit, eines Heroen und berichten, waren Kriege Jahwes. Jahwe, der in der Schlacht dem Heer vorauszog, gab Siegesgewissheit. 2 Die Makkabäer, die jüdischen Kriegshelden, die für die Freiheit ihres Glaubens und die politische Selbständigkeit ihres Volkes gekämpft hatten, wurden in den christlichen Heiligenhimmel aufgenommen. 3