ZusammenfassungUnter der Annahme, dass – ähnlich wie in den USA – Irrtümer und Fehlbehandlungen auch bei uns in vielen Fällen als Todesursache angesehen werden müssen, zumindest aber die letzte Lebensphase und das Sterben in einem erheblichen Ausmaß mitbestimmen, stellen der Umgang mit Fehlern und Irrtümern bzw. die Fehlervermeidung auch für die Palliativversorgung eine bedeutsame Herausforderung dar. Da bis zu 90 % aller Patienten in ihrer letzten Lebensphase eine Betreuung bzw. Versorgung unter palliativen Gesichtspunkten benötigen, heißt das zunächst, den Blick auf Fehlbehandlungen zu schärfen, diese als solche zu erkennen und darüber zu kommunizieren. Um die Ursachenanalyse von kritischen Ereignissen und Fehlern in einem auf Vertrauen basierenden Miteinander zu ermöglichen, sollte weniger nach „Schuldigen“, sondern gemeinsam nach Lösungen gesucht werden. Verbesserungsvorschläge sind ernst zu nehmen, zu prüfen und konsequent umzusetzen. Die Prävention von Fehlern und die Identifikation von Schwachstellen sollte durch Schulungen und Einbeziehung des speziellen Wissens aller Beteiligten interdisziplinär und im Team systematisch gefördert werden. Fehlermanagement und Sicherheitskultur in der Palliativversorgung bedeutet, die Bedürfnisse, das Vertrauen und die Sicherheit des Patienten und der ihm Nahestehenden im Blick zu haben und dabei: 1. Wissensfehler, 2. Einstellungs- und Haltungsfehler, 3. prozedurale Verhaltens- und Handlungsfehler sowie 4. strukturelle und organisatorische Fehler zu differenzieren. Anstelle von individuellen Sanktionen bei festgestellten Fehlern oder kritischen Ereignissen sollten mehr Prävention und Verbesserungsmaßnahmen auf struktureller und prozeduraler Ebene angestrebt werden. Die meisten Berichte zu kritischen Ereignissen und Fehlern in der Palliativversorgung erfolgen auf der rein deskriptiven Ebene und beziehen sich auf Medikationsfehler bzw. ungenügende Kommunikation. Wenn kritische Ereignisse in Form von Fallkonferenzen bzw. der Analyse von Meldungen in anonymen Fehlermeldesystemen (CIRS-Systeme) konsequent im Team und ohne personale Schuldsuche und Schuldzuweisung analysiert und im Hinblick auf Fehlervermeidung konstruktiv behandelt werden, können sie als wichtiger Beitrag zur Patientensicherheit bzw. Risikoprävention und zur interprofessionellen Qualitätssicherung in der Medizin angesehen werden.