Radikal‐Radikal‐Kupplungen sind nahezu diffusionskontrollierte Prozesse. Daher sind selektive Kreuzkupplungen zweier unterschiedlicher Radikale schwierig zu realisieren und stellen somit synthetisch nicht wertvolle Prozesse dar. Wenn die beiden Radikale allerdings eine unterschiedliche Lebensdauer aufweisen und in gleichen Raten gebildet werden, wird die Kreuzkupplung zum dominierenden Prozess. Die hohe Kreuzselektivität basiert auf einem kinetischen Phänomen, dem “Persistent Radical Effect” (PRE). In diesem Aufsatz wird eine von Simulationen einfacher Modellsysteme gestützte Erklärung des PRE geliefert. Weiter werden die Stabilität von Radikalen in Bezug auf ihre Lebensdauer und verschiedene Beispiele für PRE‐vermittelte Radikal‐Radikal‐Kupplungen in der Synthese diskutiert. Es wird gezeigt, dass der PRE nicht auf Kupplungen persistenter mit transienten Radikalen beschränkt ist. Der PRE mit einhergehender hoher Kreuzselektivität greift bereits, wenn ein Kupplungspartner langlebiger als das andere transiente Radikal ist. Diese Tatsache erweitert signifikant das Anwendungsgebiet PRE‐vermittelter Radikalchemie. Dieser Aufsatz ist in zwei Teile aufgeteilt: 1) die Kupplung persistenter oder langlebiger organischer Radikale und 2) Radikal‐Metall‐Kreuzungsreaktionen; hierbei werden Metall‐zentrierte Radikalspezies oder allgemeiner langlebige Übergangsmetallkomplexe, welche mit Radikalen reagieren, diskutiert – ein Gebiet, das jüngst stark expandiert ist.