In gegenwärtigem sozialen Protest lässt sich, mit Eva von Redecker, eine „Revolution für das Leben“ ausmachen: eine neue Protestform, die sich durch einen Bezug auf bedrohtes Leben auszeichnet und die Vulnerabilität politisiert. Im vorliegenden Beitrag möchte ich mit John Dewey ein Verständnis von Politisierung durch sozialen Protest entwickeln und dieses in Bezug auf die „Revolution für das Leben“ erläutern. Dazu schlage ich vor, Politisierung als Problematisierung auf drei Ebenen zu begreifen. Sozialer Protest artikuliert, erstens, ausgehend von Erfahrungen, Sachverhalte als Probleme von öffentlicher Bedeutung, die einer Lösung bzw. Bearbeitung bedürfen. Zweitens thematisiert er diese zugleich als Probleme zweiter Ordnung, d.i. als Probleme sozialer Institutionen und gesellschaftlicher (Selbst-) Gestaltung. Und schließlich stellt sozialer Protest die Grenzen politischer Gemeinschaft zur Disposition, indem er zugleich Probleme dritter Ordnung, d.i. politischer Teilhabe adressiert. In diesem Sinne ist auch die „Revolution für das Leben“ zu verstehen: sie artikuliert Vulnerabilität nicht nur als sachliches Problem des Schutzes von akut bedrohten Leben, sondern auch als soziales Problem gestaltbarer Praktiken der Sorge um verletzliche Leben sowie als politisches Problem des Ausschlusses aus der Gemeinschaft derjenigen, deren Leben als der Sorge und des Schutzes wert und würdig anerkannt werden.