ZusammenfassungDas biopsychosoziale Schmerzkonzept stellt gegenwärtig den Schwerpunkt schmerztherapeutischer Behandlungsprogramme dar. Jedoch kann damit die Komplexität chronischer Schmerzen, insbesondere ihre Bedeutung für die Betroffenen, nur unzureichend erfasst werden. Denn ein Kernaspekt des Phänomens chronischer Schmerz wird bislang nur in Einzelfällen berücksichtigt: sein existenzieller Charakter. Chronische Schmerzen können das Selbst- und Weltverständnis, die Lebenswünsche und -ziele, letztlich die gesamte Integrität der Betroffenen bedrohen. Selbstaussagen Erkrankter zeigen, dass chronischer Schmerz immer ein existenzielles Widerfahrnis darstellt und den Menschen in seiner Gesamtheit erfasst. Dies wird durch zwei Aspekte deutlich: zum einen durch die existenzielle Verzweiflung am Schmerz, zum anderen durch Fragen der Sinngebung und Neuorientierung. Allerdings berücksichtigen gängige Therapiekonzepte den existenziellen Charakter mit derartigen Herausforderungen bislang nicht adäquat. Chronischer Schmerz sollte daher stets unter einer umfassenden Perspektive wahrgenommen und behandelt werden. Hierbei sind die Aspekte Einzigartigkeit anerkennen, zum Ausdruck verhelfen und dem Er-leben Raum geben zur Unterstützung Erkrankter in ihrer Auseinandersetzung mit dem Schmerz besonders zu berücksichtigen.