ZusammenfassungIn der vorliegenden Studie sollte die Aussagekraft sozialpädagogischer Altersschätzungen im Vergleich zu forensischen Altersbegutachtungen, die entsprechend den Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft für Forensische Altersdiagnostik durchgeführt worden waren, analysiert werden. Hierfür wurden 47 Fälle ausgewertet, bei denen sowohl sozialpädagogische Altersschätzungen von in Jugendhilfeeinrichtungen betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen als auch forensische Altersgutachten zur Verfügung standen. In 44 Fällen, in denen die Einrichtungen von Minderjährigkeit ausgingen, bescheinigten die forensischen Altersgutachten in 12 Fällen zweifelsfreie Volljährigkeit und in 24 weiteren Fällen wahrscheinliche Volljährigkeit. In 2 Fällen, in denen die Einrichtungen die Minderjährigkeit anzweifelten, wurden im Ergebnis der forensischen Altersbegutachtung in dem einen Fall zweifelsfreie Volljährigkeit und in dem anderen Fall wahrscheinliche Volljährigkeit festgestellt. In einem Fall, in dem die Einrichtung von Volljährigkeit ausging, wurde auf der Grundlage der forensischen Altersbegutachtung wahrscheinliche Volljährigkeit mit noch möglicher Minderjährigkeit attestiert. Objektivierbare psychosoziale Kriterien, mit denen Volljährigkeit zweifelsfrei festgestellt werden kann, ließen sich nicht erkennen. Es ist davon auszugehen, dass der Anteil falsch-positiver Minderjährigkeitsfeststellungen bei sozialpädagogischen Altersschätzungen deutlich höher als bei forensischen Altersbegutachtungen ist. Ebenso scheint ein relevantes Risiko falsch-positiver Volljährigkeitsfeststellungen bei sozialpädagogischen Altersschätzungen zu bestehen. Es wurde geschlussfolgert, dass sozialpädagogische Altersschätzungen keine überzeugende Alternative zu forensischen Altersbegutachtungen darstellen.