Kürzlich äußerte sich Richard Horton, Herausgeber von The Lancet, wenig schmeichelhaft über das Fach Medizingeschichte. Es habe aufgehört interessante Bücher zu produzieren und sei insgesamt auf einem absteigenden Ast (Horton 2014). Unter Rückgriff auf Oswei Temkin (1902Temkin ( -2002 argumentiert er, Medizinhistoriker/-innen sollten sich fragen, welche Bedeutung ihre Forschung für die Gegenwart haben könne (,,how an exploration of the past connects with our present'') und er erinnert sie daran, dass es ihre Aufgabe sei, die Fähigkeit der Ä rzte 1 zu verbessern, negativen Trends in der Medizin (wie z.B. der Ö konomisierung des Gesundheitswesens) entgegenzutreten. Da Medizinhistoriker/-innen heute aber diesen Anspruch nicht mehr hätten, seien sie unsichtbar, unhörbar und infolgedessen belanglos. Obwohl Horton das Ende der interessanten Medizingeschichte auf das Ende des letzten Jahrhunderts datiert, zeigt schon seine Bezugnahme auf die Mahnungen des deutsch-amerikanischen Medizinhistorikers Temkin, dass er mit seiner Kritik an einen längeren Diskurs um das inhaltliche Selbstverständnis des Faches anschließt. Auseinandersetzungen über die fakultäre Verortung, den Aufgabenbereich, die Legitimation und Qualitätsstandards hatten schon vor diesem Artikel immer wieder für Spannungen in der institutionalisierten Medizingeschichte gesorgt. Im Folgenden unternehmen wir den Versuch, diese Spannungen am Beispiel der deutschen Medizingeschichte skizzenhaft zu rekonstruieren und sie angesichts aktueller fachpolitischer