Zusammenfassung
Hintergrund Subjektive Krankheitsursachen gehen vielfach mit Selbstbeschuldigung und Schamgefühlen einher. Diese psychosozialen Belastungen können durch mögliche Stigmatisierungserfahrungen verstärkt werden. Die vorliegende Studie untersucht Annahmen zu subjektiven Krankheitsursachen von Krebspatienten und prüft Zusammenhänge mit sozialen Faktoren und dem Grad erlebter Stigmatisierung.
Methoden Im Rahmen einer bizentrischen Studie wurden 858 Patienten mit Brust-, Darm-, Lungen oder Prostatakrebs quantitativ befragt, von denen 815 in die Berechnungen eingingen. Subjektive Krankheitsursachen wurden durch ein Fragenset aus 17 Items mit den wichtigsten Ursachen von Krebserkrankungen erhoben und Stigmatisierung anhand der SIS-D (Social Impact Scale) erfasst. Die Daten werden uni- und multivariat ausgewertet.
Ergebnisse Das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren, 54% sind männlich. Die Mehrheit der Patienten (95%) führt multiple Krankheitsursachen an. Umwelt wird von allen Entitäten als der wichtigste Einflussfaktor bewertet (M=3,0). Schuld/Strafe Gottes und Ansteckung wird am wenigsten Einfluss beigemessen (M=1,1). Ursachen, die auf den Lebensstil zurückzuführen sind, korrelieren nicht höher mit stigmatisierenden Aussagen als externe Ursachenannahmen (r=0,07–0,38). Patienten mit höherem Einkommen sehen weniger psychosoziale Faktoren (Beta=− 0,051 bis −0,086), Rauchen (Beta=− 0,087) und Schuld/Strafe Gottes (Beta=− 0,023) als Ursache ihrer Erkrankung. Je niedriger die Bildung, desto mehr Einfluss wird der Ansteckung (Beta=− 0,019) als Ursache beigemessen.
Schlussfolgerung Tatsächliche Krebsursachen und -risiken werden nur teilweise als solche eingeschätzt (z. B. Ernährung), während andere unterschätzt werden (z. B. Alkohol). Zukünftige Interventionen zur Aufklärung über Krebsursachen sollten v. a. Patienten mit niedriger Bildung fokussieren.