Der Artikel zeichnet unterschiedliche Aneignungen des Entwicklungsmotivs nach. Aufbauend auf den vielfältigen Kritiken von „Entwicklung“ und den Aufrufen, das Motiv zugunsten emanzipativerer Projekte abzuschreiben, zeigt der Artikel empirisch, dass sich einflussreiche KritikerInnen der Weltwirtschaftsinstitutionen noch immer des Motivs der Entwicklung bedienen. Um das emanzipative Potenzial einer solchen Aneignung auszuloten, dokumentiert der Artikel ethnografisch das Zusammenreffen „herrschaftlichen“ und „widerständigen“ In-Szene-Setzens des Entwicklungsmotivs. Hierfür dient eine teilnehmende Beobachtung beim Zivilgesellschaftsforum der Weltbankgruppe und des Internationalen Währungsfonds im Jahr 2016. Es wird argumentiert, dass sich ein herrschaftliches In-Szene-Setzen von Entwicklung durch die Projektion von Kohärenz auszeichnet, die „eine Welt“ durch einen Entwicklungspfad verbessert und dadurch normalisiert. Widerständige Aneignung von Entwicklung zeigt sich im Angriff auf diese projizierte Kohärenz. Empirisch zeigt sich, dass diese widerständige Aneignung unter erheblich höherem Rechtfertigungsdruck steht und die widerständigen Akteure sich im Verlauf der Auseinandersetzung fragmentieren. Die kohärente, herrschaftsstabilisierende Grammatik der Institutionen löst einen Sog des Universellen aus, der moderate Teile des Widerstands inkorporiert und so die Bewegung spaltet.