Die Temperatureinheit Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes von Wasser [1]. Diese seit 1954 gültige Definition leitet die Einheit aus einer eher willkürlich ausgewählten Materialeigenschaft ab. Bei ihrer praktischen Realisierung sind damit Einflüsse der Isotopenzusammensetzung und der Reinheit des verwendeten Wassers von wesentlicher Bedeutung. Hierdurch ist die Langzeitstabilität in Raum und Zeit gefährdet. Abbildung 1 zeigt schematisch das Druck-Temperatur-Diagramm reinen Wassers mit den Zustandsgebieten des Festkörpers (Eis), der Flüssigkeit und des Gases. Sie sind durch die Schmelzdruckkurve, die Dampfdruckkurve und die Sublimationsdruckkurve getrennt. Die drei Kurven treffen sich im Tripelpunkt. Er entspricht dem einzigen Zustand, bei dem die drei Phasen Gas, Flüssigkeit und Festkörper im thermodynamischen Gleichgewicht stehen. Das Comité International des Poids et Mesures (CIPM) empfahl 2005 den metrologischen Staatsinstituten, für das Kelvin wie auch für das Kilogramm, das Ampere und das Mol geeignete Vorschläge vorzulegen, damit sie diese vier Basiseinheiten gemeinsam neu definieren können [2]. Ziel ist es, die Basiseinheiten künftig über Naturkonstanten zu definieren und sie damit unabhängig von Maßverkörperungen, sogenannten Artefakten, oder speziellen Messvorschriften zu machen. Da die thermodynamische Temperatur T in allen fundamentalen Gesetzen stets in der Kombination kT als thermische Energie auftritt, ist die Boltzmann-Konstante k die festzulegende Naturkonstante. Durch Festlegung ihres Wertes wird das Kelvin direkt von der Energieeinheit Joule abgeleitet. Dies ähnelt der seit 1983 gültigen Definition des Meters als Längeneinheit, die auf dem damals festgelegten Wert der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum und der atomar realisierten Zeiteinheit Sekunde basiert. Es besteht derzeit keine Notwendigkeit, die Struktur des Internationalen Einheitensystems zu verändern und andere Basiseinheiten zu wählen [3]. Das Kelvin sollte also nicht aus diesem System verschwinden. Eine neue Definition sollte für die tägliche Anwendung in Entwicklung und Produktion genauso von Nutzen sein wie für die Grundlagenforschung. Um aufwendige Rekalibrierungen und Umrechnungen zu vermeiden, sollte zudem die Größe der Einheit erhalten bleiben. Die Unsicherheit des Wertes der relevanten Naturkonstanten sollte somit vergleichbar mit der Unsicherheit der Seit 1954 wird das Kelvin über eine Materialeigenschaft, den Tripelpunkt des Wassers, definiert. Das ist wegen der Materialabhängigkeit unbefriedigend. Eine universelle und damit zuverlässigere Basis wären Naturkonstanten, wie sie bei anderen Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems bereits erfolgreich eingeführt sind. Zurzeit forschen metrologische Staatsinstitute an einer solchen Neudefinition des Kelvins. 118 Phys. Unserer Zeit 3/2011 (42)