Zusammenfassung
Hintergrund Metamizol war 2018 das am zweithäufigsten verordnete Medikament in Deutschland trotz des bekannten Risikos einer Agranulozytose und der strengen Indikationsstellung. 25 % der Verordnungen sind laut Stammschulte et al. Off-Label-Use. Obwohl eine Blutbildkontrolle in der Fachinformation ausdrücklich empfohlen wird, findet diese seitens der Mehrheit der Metamizol-verschreibenden Ärzte nicht routinemäßig statt.
Material und Methoden Retrospektive Untersuchung von 8 Fällen von Agranulozytose nach Metamizol-Einnahme im HNO-Universitätsklinikum Erlangen in den Jahren 2016–2020. Es handelte sich um 5 Männer und 3 Frauen. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung lag bei 52,4 Jahren (± 25,6).
Ergebnisse Agranulozytose nach Metamizol-Einnahme ist eine schwerwiegende unerwünschte Nebenwirkung, die prinzipiell Patienten jeden Alters betreffen kann. Oft führt erst eine Symptomatik in Form von Fieber, Dysphagie und Tonsillitis, meist in Kombination mit Abszessen im Kopf-Hals-Bereich, zur Erkennung einer Metamizol-induzierten Agranulozytose. Eine Agranulozytose erfordert teilweise radikal-chirurgische und intensivstationäre Maßnahmen und kann zur Sepsis mit Organversagen oder sogar zum Tod führen.
Schlussfolgerungen Die beschriebenen Patientenfälle zeigen, dass Agranulozytose eine gefährliche bis teilweise sogar tödliche Nebenwirkung nach Metamizol-Einnahme darstellt. Auch wenn das Risiko einer Agranulozytose mit der Dauer der Anwendung anzusteigen scheint, sollten im Sinne der Patientensicherheit eine entsprechende Patientenaufklärung und die Dokumentation einer bereits einmaligen intraoperativen Gabe im Entlassbrief erfolgen. So könnte eine Agranulozytose früher erkannt und schwere Komplikationen bis hin zum Tod vermieden werden.