Lange Zeit betrachtete man die Zintl‐Ionen der Elemente der 14. und 15. Gruppe für bemerkenswerte, in der Festkörperchemie angesiedelte Spezies, die einerseits durch ihre unerwarteten Zusammensetzungen und faszinierenden Strukturen auffielen, andererseits aber von nur eingeschränkter Bedeutung waren. Neue Aufmerksamkeit erfuhren die Zintl‐Ionen, als man feststellte, dass diese in festen Zintl‐Phasen vorgeformten Spezies aus ihrem Kristallverband extrahiert, in geeigneten Solventien gelöst und damit als Reaktanten und Bausteine in der Lösungschemie verfügbar gemacht werden können. Der steile Anstieg von Forschungsaktivitäten in diesem Gebiet führte zu einer Fülle neuer Verbindungen, beispielsweise durch Funktionalisierung dieser Zintl‐Ionen mit organischen Gruppen und metallorganischen Fragmenten, durch oxidative Kupplungsreaktionen unter Bildung von Dimeren, Oligomeren und Polymeren oder durch Einlagerung von Metallatomen, wobei endohedrale Cluster und intermetallische Verbindungen gebildet werden, von denen einige vielversprechende Perspektiven für Anwendungen in den Materialwissenschaften zeigen. Dieser Aufsatz berichtet über die enormen Fortschritte in der Chemie der Zintl‐Ionen mit Hauptaugenmerk auf deren Herstellung, Eigenschaften, Strukturen und theoretischer Beschreibung.