ZusammenfassungUnter Emetophobie versteht man eine intensive und irrationale Angst vor dem
Erbrechen. Sie zählt zu den spezifischen Phobien. Die Emetophobie ist
eine bisher noch wenig erforschte Erkrankung. Über Ursachen und
Prävalenz ist nur wenig bekannt, zudem fehlt es an systematisch
gesichertem Wissen zur Behandlung. Die meisten Studien weisen jedoch darauf hin,
dass die Emetophobie überwiegend Frauen betrifft, früh in der
Kindheit beginnt, meist einen chronischen Verlauf nimmt, mit psychischen
Komorbiditäten einhergeht und Betroffene oft aus Scham nicht von ihrem
Leiden berichten. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) mit Exposition und
Reaktionsmanagement scheint das derzeit wirksamste Therapieverfahren zur
Behandlung der Emetophobie. Wir berichten über den Fall einer
20-jährigen Frau, die initial wegen einer schweren depressiven Episode
zur stationär-psychiatrischen Krankenhausbehandlung aufgenommen wurde.
Das Erkennen der Emetophobie war dadurch erschwert, dass die Patientin aus Scham
nicht spontan über ihre Symptome berichtete. Eine gründliche und
strukturierte Anamneseerhebung ist daher unerlässlich, da Betroffene oft
versuchen, ihre Symptome zu verheimlichen. Aus diesem Grunde wird die Erkrankung
oft übersehen und meist erst spät diagnostiziert und behandelt.
Unsere Patientin beklagte eine starke emotionale Belastung durch die Symptome
der Emetophobie, zeigte Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten und war in ihrer
Lebensqualität und allgemeinen Funktionsfähigkeit erheblich
eingeschränkt. Die Symptomatik unserer Patientin besserte sich nach
Beginn der kognitiven Verhaltenstherapie. Diese beinhaltete Wissensvermittlung
durch Psychoedukation, eine Überprüfung und Korrektur
dysfunktionaler Kognitionen, graduierte Expositionen sowie der Aufbau positiver
Selbstwirksamkeitserwartungen. Es besteht weiterer Bedarf an Forschung, um mehr
über dieses noch recht unbekannte Krankheitsbild zu erfahren, das ebenso
viel Leid und psychosoziale Einschränkungen versuchen kann wie andere
schwere psychische Erkrankungen.