Zusammenfassung
Zielsetzung
Es erfolgt eine aktualisierte Schätzung der Prävalenz entzündlich rheumatischer Erkrankungen (ERE) in Deutschland.
Methodik
Mit einer systematischen Literaturrecherche in PubMed und Web of Science (letzte Suche am 08.11.2022) wurden Originalartikel (regionale und bundesweite Surveys und Routinedatenanalysen für Arthritiden, Kollagenosen und Vaskulitiden) zur Prävalenz von ERE für den Zeitraum 2014 bis 2022 identifiziert. Datenquellen, Erhebungszeitraum, Diagnosedefinition und das Risiko einer Verzerrung werden berichtet. Die Prävalenzen wurden anhand der verfügbaren Daten unter Berücksichtigung internationaler Angaben geschätzt.
Ergebnisse
Die Suche durch 2 Autorinnen ergab 263 Treffer, von denen 18 Routinedatenanalysen und 2 Surveys die Einschlusskriterien erfüllten. Die Prävalenzangaben lagen bei 0,42–1,85 % (rheumatoide Arthritis), 0,32–0,5 % (ankylosierende Spondylitis), 0,11–0,32 % (Psoriasisarthritis), 0,037–0,14 % (systemischer Lupus erythematodes), 0,07–0,77 % (Sjögren/Sicca-Syndrom), 0,14–0,15 % (Polymyalgia rheumatica, ab 40 Jahre), 0,04–0,05 % (Riesenzellarteriitis, ab 50 Jahre) und 0,015–0,026 % (ANCA-assoziierte Vaskulitis). Das Bias-Risiko war in 13 Studien moderat, in 7 Studien hoch. Anhand dieser Ergebnisse schätzen wir die Prävalenz von ERE in Deutschland auf 2,2–3,0 %. Dies entspricht in etwa 1,5 bis 2,1 Mio. Betroffenen. Die Prävalenz der juvenilen idiopathischen Arthritis wurde mit ca. 0,10 % (0,07–0,13 %) der 0‑ bis 18-Jährigen angegeben, was etwa 14.000 Kindern und Jugendlichen in Deutschland entspricht.
Schlussfolgerung
Dieses systematische Review zeigt einen Anstieg der Prävalenzen von ERE in Deutschland, basiert jedoch fast ausschließlich auf Routinedatenanalysen. In Ermangelung mehrstufiger Bevölkerungsstudien sind die vorliegenden Daten bei moderat bis hohem Verzerrungsrisiko insgesamt unsichere Quellen für Prävalenzschätzungen.