Einfache ungehinderte Aldimine neigen dazu, zu hydrolysieren oder zu oligomerisieren und sind daher spektroskopisch nicht gut charakterisiert. Wir berichten hier über die Bildung und spektroskopische Charakterisierung der einfachsten Iminosäure, nämlich Glycinimin, mittels kryogener Matrixisolation, IR‐ und UV/Vis‐Spektroskopie. Glycinimin bildet sich nach UV‐Bestrahlung von 2‐Azidoessigsäure durch N2‐Freisetzung in anti‐(E,E)‐ und anti‐(Z,Z)‐Konformationen, die photochemisch ineinander umgewandelt werden können. In Pyrolyseversuchen gekoppelt mit Matrixisolation von 2‐Azidoessigsäure kann Glycinimin nicht isoliert werden, da es weiter zu Aminomethylen decarboxyliert. In wässriger Lösung wird Glycinimin zu Hydroxyglycin und hydratisierter Glyoxylsäure hydrolysiert. Bei höheren Konzentrationen oder in Gegenwart von FeIISO4 als Reduktionsmittel reduziert sich Glycinimin durch oxidative Decarboxylierung selbst. Glycinimin kann als ein Schlüsselintermediat zwischen präbiotischer Aminosäure‐ und Zuckerbildung angesehen werden.