Johannes Nollés Schrift ‚Nundinae instituere et habere' (Hildesheim 1982) ist mit ihrer präzisen Interpretation und Kommentierung mehrerer Inschriften zu ländlichen Märkten in Afrika und in der Provinz Asia ein grundlegender Beitrag zur Analyse der Austauschbeziehungen und des regionalen Handels in der römischen Principatszeit. Deshalb widme ich diesen Artikel Herrn Professor Dr. Johannes Nollé, in der Hoffnung, dass die Ausführungen sein Interesse finden werden. Die Mentalität der römischen Führungsschichten Die Auffassung der älteren wissenschaftlichen Literatur, in der römischen Welt habe es nur geringe technische Fortschritte und wenige Innovationen von wirtschaftlicher Bedeutung gegeben, 1 kann nach den Forschungen von K. D. White, Ö. Wikander K. Greene und A. I. Wilson als widerlegt gelten. 2 Unter dieser Voraussetzung ist es notwendig, die Frage zu stellen, wie innovationsfähig die römische Gesellschaft gewesen ist, und Kontexte sowie Ursachen von Innovationen systematisch zu untersuchen. Bei einer Analyse von Innovationen in römischer Zeit ist deswegen zunächst auf die Rolle der römischen Führungsschichten und auf deren Mentalität einzugehen, weil in der althistorischen Forschung oft die ablehnende Haltung der Senatoren Neuerungen gegenüber, die als Bedrohung für die politische und soziale Ordnung empfunden worden seien, betont worden ist. Es bestand demnach in Rom eine deutliche Neigung, sich an den Exempla der Vergangenheit, an dem mos maiorum, der Sitte der Vorfahren, zu orientieren. Die tradierten sozialen und politischen Normen sollen in senatorischen Kreisen verbindlich für das politische und soziale Handeln gewesen sein. 3 Aufgrund solcher Überlegungen wurde angenommen, dass es in der römischen Gesellschaft insgesamt nur eine geringe Bereitschaft zu Innovationen im politischen, gesellschaftlichen, kulturellen oder wirtschaftlichen Bereich gegeben habe. Gegen diese Sicht können allerdings Einwände erhoben werden. Es kann nicht übersehen werden, dass die Römer in vielen Bereichen auf neue Gegebenheiten pragmatisch reagierten und dabei fähig waren, auch technische Errungenschaften fremder Völker aufzugreifen und für sich zu nutzen. Dies gilt selbst für den politischen Bereich: Bereits Polybios hat die Auffassung geäußert, das politische System der römischen Republik sei nicht theoretischer Einsicht zu verdanken, sondern sei aus Krisen hervorgegangen, indem die Römer aus jeder schwierigen Lage die entsprechende Lehre zogen und dann das Bessere wählten. 4 In der Phase der außeritalischen Expansion waren die Römer gezwungen, mit der Einrichtung von Provinzen außerhalb Italiens