Mit dem Inkrafttreten von § 5c des Infektionsschutzgesetzes (IfSG), des sog. Triagegesetzes, am 14.12.2022 ist eine langwierige Diskussion zum vorläufigen Abschluss gekommen, mit deren Ergebnis Ärztinnen und Ärzte sowie Sozialverbände, aber auch Juristen und Ethiker gleichermaßen unzufrieden sind. Durch den ausdrücklichen Ausschluss des Abbruchs einer bereits begonnenen Behandlung zugunsten neuer Patient:innen mit besseren Erfolgsaussichten (Ex-post-Triage) werden Zuteilungsentscheidungen mit dem Ziel, möglichst vielen Patient:innen eine nutzbringende Teilhabe an der medizinischen Versorgung unter Krisenbedingungen zu ermöglichen, verhindert. Im Ergebnis folgt aus der neuen Regelung de facto eine „First-come-first-served“-Zuteilung, die mit der höchsten Mortalität auch bei Menschen mit Einschränkungen bzw. Behinderungen assoziiert ist und die in einer Bevölkerungsbefragung mit großem Abstand zu anderen Zuteilungsverfahren als unfair abgelehnt wurde. Zuteilungsentscheidungen einerseits nach Erfolgsaussicht vorzuschreiben, die aber nicht konsequent umgesetzt werden dürfen, und andererseits das Verbot, z. B. Alter und Gebrechlichkeit als Priorisierungskriterien anzuwenden, obwohl beide Faktoren die kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit nach evidenter Datenlage am stärksten bestimmen, zeigen die Widersprüchlichkeit und Dogmatik der Regelung. Weiterhin bleibt nur die konsequente Beendigung nicht mehr indizierter und vom Patienten nicht (mehr) gewünschter Therapien, unabhängig von der aktuellen Ressourcenlage, möglich. Wenn aber in einer Krisensituation anders entschieden wird als in einer Situation ohne Ressourcenmangel, wäre dieses Vorgehen nicht gerechtfertigt und strafbewehrt. Entsprechend müssen höchste Ansprüche an eine rechtssichere Dokumentation gestellt werden, insbesondere im Stadium der dekompensierten Krisenversorgung einer Region. Das Ziel, möglichst vielen Patient:innen eine nutzbringende Teilhabe an der medizinischen Versorgung unter Krisenbedingungen zu ermöglichen, wird mit den Neuregelungen des Triagegesetzes jedenfalls konterkariert.