ZusammenfassungIm rehabilitativen Setting gibt es eine Vielzahl an Methoden und Maßnahmen, um
individuell auf die Bedürfnisse der Patient*innen einzugehen. Hierbei kann auch
die Tanz- und Bewegungstherapie (TBT) die Gesundheit verschiedener
Patient*innengruppen positiv beeinflussen. Jedoch gibt es bisher keine
systematische Betrachtung der Entscheidungsprozesse von Tanz- und
Bewegungstherapeut*innen für die Auswahl bestimmter Interventionen, definiert
als durchzuführende Technik oder therapeutische Handlung, innerhalb der
TBT-Einheiten.Ziel dieser Studie ist es deshalb unter Einbezug der Evidenz-basierten Praxis
(EBP) und des theoretischen Ansatzes des Clinical reasoning (CR), relevante
Einflussfaktoren und Strategien bei den Entscheidungsprozessen der TBT zu
explorieren.Basierend auf den Ansätzen der EBP und CR wurden leitfadengestützte
Expert*inneninterviews (n=5) durchgeführt, deren Daten anschließend in einer
qualitativen Inhaltsanalyse hinsichtlich der Kernelemente der EBP und CR
analysiert wurden.Die Ergebnisse zeigen, dass externe Evidenzen zu Effekten von TBT-spezifischen
Interventionen die Auswahl von Interventionen durch die Therapeut*innen nur im
geringen Maß beeinflussen. Sofern evidenzbasierte Empfehlungen umgesetzt werden,
ist eine Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Patient*innen notwendig.
Als wesentlicher Einflussfaktor zeigt sich eine hohe klinische Expertise der
Therapeut*innen, welche sich durch ein großes Repertoire an Interventionen,
Selbstvertrauen und die Fähigkeit die Lebensrealität der Patient*innen zu
verstehen und anzuerkennen, auszeichnet. Insbesondere die Bedürfnisse der
Patient*innen, deren Verhalten sowie die verbale Interaktion zwischen
Therapeut*in und Patient*in steuern die Entscheidung für eine geeignete
Handlungsstrategie. In TBT-Gruppensitzungen zeigt sich die Schwierigkeit, die
Themen und Bedürfnisse von Patient*innen in einer geeigneten Intervention zu
vereinen.Insgesamt lässt sich feststellen, dass Tanz- und Bewegungstherapeut*innen
vielfältige Faktoren in ihre Entscheidungen für geeignete Interventionen
einbeziehen und unterschiedliche Handlungsstrategien anwenden.