Zusammenfassung
Hintergrund Die zervikale Radikulopathie (ZR) ist ein relativ häufiges Krankheitsbild, welches in sehr vielen Bereichen der Medizin vorkommt und einen interdisziplinären Behandlungsansatz erfordert. Obwohl das Leitsymptom der Schmerz ist, weist die ZR einige Besonderheiten auf, denen die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in einer eigenen Leitlinie Rechnung trägt. Das wesentliche Ziel dieser Leitlinie war es, den aktuellen Wissensstand zur Therapie der ZR zu vermitteln. Die vorliegende Leitlinie bezieht sich ausschließlich auf die degenerativ bedingten ZR.
Methodik Der Leitlinie liegt eine Recherche von Leitliniendatenbanken und Medline zugrunde. Unter der Moderation durch die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) erfolgte die Konsensfindung mittels eines nominalen Gruppenprozesses und des Delphi-Verfahrens. Aufgrund des interdisziplinären Behandlungsansatzes wurde das Leitliniengremium aus Experten verschiedener ärztlicher (Neurologie, Orthopädie, Unfallchirurgie, Neurochirurgie, Schmerztherapie, Physikalische und Rehabilitative Medizin und Manuelle Medizin) und therapeutischer Fachdisziplinen (Ergotherapie, Physiotherapie) und unter Beteiligung der Schmerz-Selbsthilfe (Deutsche Schmerzliga) gebildet.
Ergebnisse Hinsichtlich der Evidenzbewertung der Literatur ist festzustellen, dass die Datenlage zur Frage des optimalen Vorgehens bei ZR sehr heterogen ist. Die Anwendung von Physiotherapie in Kombination von manueller Therapie und Bewegungsübungen sowie bestimmte operative Verfahren bei ZR sind dagegen evidenzbasiert. Starker Konsens besteht bei den beteiligten Fachgesellschaften, dass das primäre Vorgehen in aller Regel konservativ ist. Hier werden Physiotherapie in Kombination von manueller Therapie, Ergotherapie zur Stärkung der Alltagskompetenz, frühzeitige Schmerztherapie, kurzzeitige intermittierende Ruhigstellung durch das Tragen einer Halskrause und eine periradikuläre Infiltrationstherapie empfohlen. Eine Operation sollte bei therapierefraktärem Schmerzsyndrom nach Ausschöpfung der konservativen Maßnahmen spätestens 6 Monate nach Symptombeginn dem Patienten empfohlen werden. Bei lateralen und intraforaminalen Bandscheibenvorfällen können als Operationsverfahren eine ACDF („anterior cervical discectomy with fusion“) oder eine PCF („posterior cervical foraminotomy“) durchgeführt werden. Das bevorzugte Verfahren ist hier im Einzelfall zu wählen. Bei medianen und paramedianen Bandscheibenvorfällen soll der ventrale Zugang gewählt werden.
Schlussfolgerung Die Diagnose einer ZR beruht auf der Anamnese und der neurologischen Untersuchung und soll durch eine bildgebende Methode bestätigt werden. Bei Fehlen behindernder Ausfälle soll das Vorgehen primär konservativ und bei rasch progredienten Paresen primär operativ sein. Bei Einhalten der in der Leitlinie aufgeführten Empfehlungen haben die Schmerzen bei ZR eine günstige Prognose.