In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat sich die bioorthogonale Chemie zu einem beliebten Hilfsmittel entwickelt, um zentrenselektive Modifikationen an Proteinen zu erzielen. Dennoch sind nur einige wenige bioorthogonale Reaktionen bekannt, die zudem Limitierungen aufweisen können, wie etwa geringe Reaktionsgeschwindigkeiten, die Verwendung instabiler oder zytotoxischer Reagenzien und das Auftreten von Nebenreaktionen. Folglich besteht ein großes Interesse an der Erweiterung der Methodik in der bioorthogonalen Chemie. In diesem Zusammenhang wurden kürzlich Boronsäuren in den Bereich der bioorthogonalen Chemie eingeführt, welche in drei verschiedenen Strategien zum Einsatz kommen: 1) Bildung eines Boronsäureesters zwischen der Boronsäure und einem 1,2‐cis‐Diol; 2) Bildung eines Iminoboronates zwischen 2‐Acetyl‐/Formyl‐Arylboronsäure und Hydrazin‐/Hydroxylamin‐/Semicarbazid‐Derivaten; 3) Verwendung einer Boronsäure als Transfergruppe in einer Suzuki‐Miyaura‐Kreuzkupplung oder einer anderen Reaktion, in deren Verlauf die Boronylgruppe das Intermediat verlässt. In diesem Aufsatz fassen wir die Fortschritte der Anwendung von Boronsäuren in der bioorthogonalen Chemie zusammen, welche das zentrenspezifische Labeling von Proteinen ermöglicht, und vergleichen diese Methoden mit den gängigsten bioorthogonalen Reaktionen.