Die Differenzialdiagnose der entzündlichen Enddarmerkrankungen ist weit und umfasst u. a chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (CED), wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sexuell übertragba-re Infektionen ("sexually transmitted diseases", STD; [1]), die Strahlenproktitis nach Radiotherapie oder das Solitary-rectal-ulcer-Syndrom.Sowohl CED als auch Geschlechtskrankheiten des Enddarms nehmen seit einigen Jahren stetig zu. Dies hängt zum einen mit der steigenden Inzidenz der CED, zum anderen mit einem veränderten Sexualverhalten zusammen. Neben dem Befall der Genitalien können Geschlechtskrankheiten auch Läsionen im Analkanal und im Rektum sowie perianal verursachen. Hierbei handelt es sich gelegentlich um eine Ausbreitung der Infektion per continuitatem. Häufiger jedoch erfolgt eine direkte Inokulation nach rezeptivem Analverkehr -und dies nicht nur bei homo sexuellen Männern ("men having sex with men", MSM), sondern auch vermehrt bei Frauen. Bei Befall der Analregion präsentieren sich viele STD (Syphilis, Herpesinfektion, Kondylome und Ulcus molle) ähnlich wie bei genitalem Befall. Sobald jedoch eine Infektion des Rektums vorliegt, ist der Befund zunehmend unspezifisch, sodass oft eine Unterscheidung der einzelnen Erreger weder klinisch noch makroskopisch in der Prokto-/Koloskopie möglich ist. Insbesondere in diesen Fällen fällt der Anamnese (insbesondere der Sexualanamnese) und weiteren Diagnostik (inklusive Abstriche für PCR und Kultur sowie Serologie und Histologie) eine bedeutende Rolle zu.
Der perianale und rektale Morbus CrohnDer Morbus Crohn präsentiert sich als rezidivierende entzündliche Systemerkrankung, die sich im gesamten Gastrointestinaltrakt, aber häufig auch extraintestinal [2] manifestieren kann. Die Symptome sind oft unspezifisch und variabel, sodass es dauern kann, bis die richtige Diagnose gestellt wird. In einer Studie im Rahmen der Schweizerischen Inflammatory-bowel-diseases(IBD)-Kohorte wurde gezeigt, dass bei 25% der Patienten die Erkrankung nach 2 Jahren immer noch nicht diagnostiziert war [3]. Dies gilt umso mehr, wenn der Morbus Crohn oligosymptomatisch ist oder an atypischer Lokalisation sich erstmanifestiert. Patienten mit einer verspäteten Diagnosestellung weisen in der weiteren Entwicklung der Krankheit einen komplizierteren Verlauf auf [4]. Bei Diagnosestellung weisen 20-30% der Patienten mit Morbus Crohn perianale Läsionen meistens in Form von Marisken ("skin tags", die hier typischerweise ein etwas ausgeprägteres, z. T. bizarr anmutendes Ausmaß als in der Allgemeinbevölkerung haben können) bzw. von Fisteln oder Abszessen, die bis ins Rektum reichen können, auf.Das kumulative Risiko bei Morbus Crohn, im Verlauf der Erkrankung perianale Manifestationen zu entwickeln, liegt bei bis zu 50% [5, 6]. Ähnlich der Klassifikation der intestinalen Präsentation kann auch hier ein fistulierender von einem nichtfistulierenden perianalen und rektalen Befall unterschieden werden.
Fistulierender BefallBeim fistulierenden Morbus Crohn sind am häufigsten perianale Fisteln vorhanden (54%), gefolgt...